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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0020

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Frankfurt a. M. Mainz. Hessen. Mainfranken

Sickingen wie die Dalberg, die Broemser usw. zahlreiche, zum Teil noch heute erhaltene
Höfe besaßen.

Von den ausgesprochen heraldischen Wirkereien ist in erster Linie eine Wappendecke21)
von 1547 im Besitze des Majors von Zemen zu nennen (Abb. 7a). In der Mitte erscheinen,
von einem bandumschlungenen Lorbeerkranz gerahmt, die Hoheitszeichen der Frankfurter
Patriziergeschlechter von Meiern und Brun von Brunfels. Wahrscheinlich handelt es sich
um einen Gedächtnisteppich, gelegentlich der Silberhochzeit des Ogier von Meiern und sei-
ner Gattin Katrine Brun von Brunfels. In den vier Ecken stehen die Wappen der Eltern des
Paares: Johann von Meiern (rechts oben) und Margarethe Ugelheinner (rechts unten),
Jakob Brun von Brunfels (links oben) und Katharina Geuch (links unten). Auf dem Lor-
beerkranz des großen Allianzwappens ruht ein Putto. in der Linken ein Stundenglas (der
rechte Ellenbogen stützt sich auf einen Totenschädel); das Spruchband — NIL ■ IMMOR-
TALE • NATVM • — unterstreicht den Gedankengang. Eine schmale Rankenleiste — in den
Mitten Köpfe, in den Ecken kleine Wappen — rahmt die Decke; als äußere Bordüre er-
scheinen mit Quasten verzierte Lambrequins mit ausgesprochenem Schlagschatten. Ob der
Frankfurter Porträtmaler Conrad von Kreuznach, wie H. Schmitz vorsichtig annimmt, als
Patronenzeichner in Frage kommt, lasse ich dahingestellt sein. Die Ranken erinnern an die
Ornamentleisten des 1546 in Nürnberg verstorbenen Peter Flettner, der lagernde Putto an
die kleinen Burschen in der Holzschnitt-Erzväter-Folge des Sebald Beham22). Es bestehen
m. E. keine Bedenken, die technisch gut gelöste Tischdecke einer Frankfurter Manufaktur
zu überweisen.

Viel stärker macht sich der flämische Einfluß in einer kreisrunden Tischdecke im
Aschaffenburger Schloß bemerkbar (Abb. s. Teil I, 2, 169). Die Mitte beherrscht das Main-
zer Kurwappen, in Verbindung mit dem Familienzeichen des Erzbischofs Daniel Brendel
von Homburg. Ein bandumwundener Lorbeerkranz, verbrämt mit Früchten und Rosetten,
ein zweiter Ring mit Maskarons, Füllhörnern und Vögeln, ein dritter Kreis mit der Stifter-
legende und der Jahreszahl 1586 umrahmen das große Hoheitszeichen23). In der Bordüre
fügen sich 16 Ahnenwappen mit den Namensbändern, wiederum von Lorbeerkränzen ge-
rahmt — in den Zwickeln erscheinen Blumen, Früchte und Engelsköpfe —, in glänzender
Technik harmonisch aneinander. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Decke — sofern es
sich nicht um importiertes Brüsseler Erzeugnis handelt — in der Frankfurter Werkstatt des
Arnold Gipps entstanden ist.

Hessischen Ursprungs — vielleicht kommt auch Kassel in Betracht — sind zwei Wap-
penteppiche im Besitze des Freiherrn von Riedesel zu Lauterbach, die auf der Internationa-
len Ausstellung für Heraldik (Berlin, 1882) zum ersten Male erschienen24). Der eine Strei-
fen besteht aus drei aneinandergesetzten Kissenblättern: Das Allianzwappen — RIEDESEL
• BEINEBVRGK — wird von einem Lorbeerkranz gefaßt, die Zwickel füllen derbgezeich-
nete Blumen. In dem zweiten Streifen, einem typischen Rücklaken, stehen sechs Wappen —
OLDERSHAVSEN, MANSBACH, LOSER, SCHENCKEN • Z • SB, WEITERSHAVSEN,
STEIN — auf blühendem, durch Vögel belebtem Rankengrund. Beide Arbeiten dürften
nicht vor 1575 entstanden sein.

Auf eine nah verwandte Werkstatt geht eine gewirkte Tischdecke (Abb. 7b, H. 1,55 m,
L. 1,65 m) zurück, die im Kranze die Wappen der hessischen Geschlechter von Berlepsch
und von der Tann bringt (im Besitze der Frankfurter Kunsthandlung J. Rosenbaum);
eigenartig wirkt die in der Art der Nürnberger Technik abschließende Wolkenbandbordüre.

Auf mainfränkisches Gebiet — ob Bamberg? — weisen zwei Teppiche in der Fürstlich
Öttingen-Wallersteinschen Sammlung auf Schloß Maihingen, die stilistisch eine Art Binde-
glied zwischen dem „ungetreuen Marschall" und den primitiveren „Weiberlisten" dar-
stellen. Der Karton wird charakterisiert durch klare, auf Tiefenwirkung eingestellte

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