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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0052

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T o r g a u. Leipzig. Dresden. Weimar

dieser Zeitspanne, weder unter Brüsseler noch Antwerpener Tapissiers zu finden. Man wäre
versucht, nicht an einen Wirker, sondern vielmehr an einen Tapisseriemakler der Ant-
vverpener Pant — unter denen sich auch Deutsche befanden — zu denken, wenn nicht ein
weiterer Beleg ausdrücklich von dem ,,tapissereimeister vermöge desselben bekenntnus zu
Antorff" spricht.

Der Kurfürst läßt es nicht an eingehenden Anweisungen, die den Transport seiner gelieb-
ten Tapezereien betreffen, fehlen. Unter dem 13. Januar 1536 schreibt er dem Schultheißen
zu Eisenach: „Wir haben unserm tapistreimeister Hainrichen von der Hohenmuel, schrei-
ben lassen mit bevel, uns etzlich verfertigten tapistereien ane verziehen durch eigne für
hierauff zu bestellen und zuzeschikken und dieselben fürder dir zu überantworten".

Der Beleg nennt uns zum ersten Male den vollen Namen des seit 1535 tätigen Meisters
Heinrich. Zweifellos ist Hohenmuel, Hohenmuhl, Haumuel — die Schreibweise wechselt in
den Urkunden ständig — eine der üblichen Verstümmelungen eines flämischen Namens.
Wirkerfamilien, wie die Homela, van der Hameyde, van der Mylen begegnen uns häufig in
Brüssel, Oudenarde und den sonstigen Wirkerzentren Flanderns.

Merkwürdigerweise wird der endgültige Anstellungsvertrag Meister Heinrichs erst am
19. Januar 1539 ausgestellt8).

Kurfürst Johann Friedrich und Herzog Johann Ernst verpflichten sich, nachdem Hein-
rich von der Hohenmuel „ain Zeitlang vor ainen tapistereimaister und silberknecht ge-
dienet", ihn in dieser Eigenschaft nun lebenslänglich anzustellen. Er ist verpflichtet, den
bisherigen Bestand an Wirkereien ordnungsmäßig zu verwalten, außerdem auch auf
Wunsch neue Teppiche „nach seinem besten verstand und vermugen und zu dem getreu-
lichsten und vleissigsten zu laisten". Jedes neu gefertigte Stück wird nach Aufmaß und be-
sonderen Sätzen vergütet. Sofern die Einstellung von Gesellen, d. h. weiterer flämischer
Wirker, nötig ist, geschieht dies auf fürstliche Kosten. Als Gehalt bezieht Meister Heinrich
jährlich 40 Gulden, ferner erhält er zwei Hofkleider und die üblichen Zuweisungen an
Wein und Bier. Dafür hat er außer auf die Tapetzereien auch auf das Silbergeschirr zu
achten. Das weitestgehende Entgegenkommen der fürstlichen Vertragsschließer liegt vor
allem darin, daß „Hainrichen von der Hohen Mulh das haus an der Elben (in Torgau) ge-
legen, welchs er itzo gebraucht und innehat" dergestalt verschrieben wird, daß er zeit
seines Lebens die freie Verfügung hierüber besitzt. Nach seinem Ableben steht es dem Kur-
fürsten frei, der Ehefrau das Haus zu überlassen, oder diese mit 200 Gulden zu entschädi-
gen. Meister Heinrichs Tätigkeit in Weimar scheint sich nur auf einige Monate beschränkt
zu haben, er siedelt dann nach Torgau über, wo er in erster Linie an den reichen Teppi-
chen für den Ausbau des Schlosses Hartenfels tätig ist.

Ehe eine eingehendere Würdigung seiner Arbeiten erfolgt, dürfte ein kurzer Hinweis auf
die von ihm verwandten Rohmaterialien erforderlich sein. Die Rechnungsbelege des Wei-
marer Gesamtarchives geben einen fast lückenlosen Aufschluß. Zunächst versucht Meister
Heinrich das nötige Gold-, Wollen- und Seidenmaterial an Ort und Stelle, d. h. in Torgau,
zu erwerben. Die Ware befriedigt ihn anscheinend nicht, es finden größere Ankäufe von
Gold und Silber in Leipzig statt. Es handelt sich um die üblichen dünnen, silbervergoldeten
bzw. silbernen flachen Drähte, mit denen der Seidenfaden umsponnen ist. Die Preise wer-
den genau angeführt9). Machte der Erwerb der Gold- und Silberfäden in Sachsen keine er-
heblichen Schwierigkeiten, so haperte es bedenklich mit dem Einkauf des nötigen Seiden-
und Wollenmaterials. Es bleibt Heinrich von der Hohenmuel nichts übrig, als des öfteren
seine alte Heimat aufzusuchen, um von dort die nötigen Rohstoffe mitzubringen. Er be-
nutzte diese Reisen — die erste fällt in die Zeit von Mitte August bis Ende Oktober 1538 —-
zugleich, um neue Hilfskräfte anzuwerben und für seinen kurfürstlichen Herrn flämische
Wirkteppiche einzukaufen. Ende 1539 bricht Heinrich zum zweiten Male nach Antwerpen

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