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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0053

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Torgau. Leipzig. Dresden. Weimar

auf. Diesmal belaufen sich die Ausgaben für „garn, seiden golt und anders zu notturft der
tapistrei" einschließlich der Reisekosten auf nicht weniger als 342 Gulden 12 Groschen.

Wie schon erwähnt, ist der Aufenthalt Heinrichs von der Hohenmuel in Weimar nur von
kurzer Dauer. Er richtet in Torgau zunächst seine Werkstatt in einem Räume des Schlosses
Hartenfels ein. Nach Fertigstellung des auf Veranlassung des Kurfürsten für seinen Be-
trieb erbauten Hauses an der Elbe bezieht Meister Heinrich seine endgültige Arbeitsstelle.

Sind die Kammerrechnungen bei den Angaben über die Materialankäufe klar und aus-
führlich, so läßt sich dies bei der Aufzählung der von Heinrich von der Hohenmuel neu
gefertigten Bildteppiche nicht immer behaupten. Wir finden zwar die Ausgaben für die von
ihm beschäftigten „knechte" angeführt, dagegen leider nur in seltenen Fällen eine genauere
Benennung der betreffenden in Arbeit befindlichen Wirkereien.

In die Frühzeit des Torgauer Betriebes fällt eine Verdüre, die fragmentiert sich im
schwedischen Staatsbesitz10) erhalten hat, sofern es sich — mit größerer Wahrscheinlich-
keit — nicht um das Probestück handelt, das Heinrich von der Hohenmuel vor seinem
Übertritt in den kurfürstlichen Dienst, in der üblichen Weise zu liefern verpflichtet war
(Abb. 32, H. 2,59 m, L. 1,57 m) , Erhalten geblieben ist nur das rechte Teilstück mit der zu-
gehörigen Bordüre mit der typischen Brüsseler Blumen-Früchte-Hohlkehlen-Lösung; die
obere und untere Rahmung fehlt. In der rechten oberen Bildecke erscheint das sächsische
Rautenwappen auf quer gebalktem Grund, von der Krone überhöht. Die Farbengebung ist
ausgesprochen Blaugrün, durch gelbe, braune, rote und kräftige blaue Töne belebt. Wahr-
scheinlich handelt es sich um eine Arbeit, die für die Gemahlin des Königs Gustav Vasa,
eine geborene Prinzessin von Sachsen-Lauenburg, durchgeführt wurde. Da die Vermählung
1531 und das Ableben der Fürstin 1535 erfolgte, liegt die Zeit der Entstehung ziemlich fest,
sofern der Behang — ähnliche Fälle finden sich des öfteren — nicht erst nach der Königin
Tode nach Schweden gelangte. Das Motiv der Wirkerei ist unschwer erkennbar: mit Bäu-
men bestandener Wiesengrund, belebt durch kleine Figurengruppen und eine phantastische
Tierwelt; dem sächsischen Wappen entsprach sicherlich zur Linken das Hoheitszeichen
Schwedens. Verwandte Behänge finden sich zu Dutzenden in der zeitgenössischen, zumeist
ein Jahrzehnt späteren Brüsseler Bildwirkerei.

Nach den urkundlichen Belegen bezieht Meister Heinrich am 18. Oktober 1537 eine Ent-
lohnung (52 Gulden 8 Groschen) für „zweene deine güldene tebicht"11). Das Motiv wird
nicht genannt. Ein Jahr vergeht, ehe eine weitere Anweisung erfolgt. Diesmal handelt es
sich um zwei Tischteppiche, die am 19. Januar 1539 mit 32 Gulden 3 Groschen vergütet
werden. Meister Heinrich ist zur gleichen Zeit mit der Fertigstellung einer größeren Folge
beschäftigt. Es handelt sich um die „Historie vom Propheten Jona", die aus drei Bildteppi-
chen besteht. Die Vergütung beläuft sich auf 200 Gulden. Der Kurfürst ist mit Hohenmuels
Leistung besonders zufrieden und legt ihm 10 Gulden „aus gnaden zu einer Verehrung" bei.
Gold- und Silberfäden sind nicht verwandt. Wir finden die Folge in dem Inventar von
1566 bei den Teppichen, die Herzog Johann Wilhelm in der Teilung auf dem Grimmen-
stein zufallen, unter Nr. 26 der Rubrik II, d. h. unter den Wirkereien ohne Metallfäden,
aufgeführt. Auch über den Entwerfer der Patronen erhalten wir genügenden Aufschluß.
Der Rechnungsbeleg Bb 4429 aus dem Jahre 1537/38 führt einen Betrag von 5 gr. an für
„einen bothen, der zu Wittenberg die visirunge geholt". Eine entsprechende Durchsicht der
Cranachschen Arbeiten bringt einen etwa der gleichen Zeit angehörigen, allerdings unda-
tierten Beleg: „30 fl. vor zehen fisirungen den tewichtmacher, der sein neun gewest, so hat
mein genedigster her das zehent in seiner genaden stuben auf lasen schlagen"12). Danach
würde es sich bei der Jonasfolge um Bildteppiche handeln, von denen jeder etwa drei ver-
schiedene Szenen bringt, eine Anordnung, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bei
flämischen Wirkereien durchaus nicht selten ist. Gewöhnlich geschieht die Trennung der

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