Hamburg. Altona. Stade. Schleswig-Holstein
Tatsache ist jedenfalls, daß Joost II. von 1589 bis mindestens 1621 in Hamburg einen
Wirkereibetrieb unterhält, über dessen Umfang wir durch urkundliches Material ziemlich
genau unterrichtet sind. Aus welchem Wirkerort stammt die Familie Aertsdael — Herseele?
Ein Joos van Herseel, wahrscheinlich identisch mit Joos I. van Aertsdael-Herseele, ist zu-
nächst in Brüssel tätig; er betreibt dann in den siebziger Jahren des 16. Säkulums eine nam-
hafte Wirkereiwerkstatt in Antwerpen, liefert 1582, als Unter-Unternehmer, gemeinsam mit
seinem Antwerpener Fachgenossen Franz Sweerts, zwei Tapisseriezimmer „landschap ende
poeterye" für die Stände von Zeeland — für die Gasträume der Herzöge von Anjou und
Alencon bestimmt53) —■, 1586 eine Folge von acht Verdüren (Kolonnaden) und scheint un-
mittelbar nach diesem Zeitpunkt die Heimat verlassen zu haben. Die Annahme, daß es sich
um einen Antwerpener Wirker mit Brüsseler Schulung handelt, findet in der Eigenart der
uns erhaltenen Behänge aus dem Atelier seines Sohnes volle Bestätigung.
Die Blütezeit der Werkstatt Joost II. fällt in das erste Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts.
Ein Inventarvermerk der Herzöge von Pommern-Wolgast — es handelt sich um die
Ausstattung des Residenzschlosses zu Wolgast — vom 12. Juni 1604, erwähnt die „vier
neuen Stücke, so von Hamburg kommen sollen"54). Name des Wirkers und Motive der
Folge werden leider nicht genannt. Im gleichen Jahre (1604) bringt das „Bückeburger Bau-
Register" des Grafen Ernst55) eine Verhandlung mit dem „Teppichmacher von Altona:
Für die Spoleri (lange, niedrige Verdüren) auf meiner Gemahlin Stuben bezahlt für jede
Elle 2 rth ... 75 rth. Nochmals in derselben Kammern 43 Ellen bestellet, jede zu 2 rthl."
Es folgen die Angaben über die geleisteten Zahlungen.
Ende des Jahres (1604) schließt Ernst von Schaumburg — 1619 in den Fürstenstand er-
hoben — einen ausführlichen Vertrag mit Joest van Harsell, „Tapetmachern in Ham-
burgk"56). Es handelt sich um elf oder zwölf Behänge, jeder 41/4 Ellen hoch — „Sonderlich
die Historie des Keysers Augusti Octauiany nach aussweisunge der gezeichneten Patronen"
— für den „Langen Saal" des Bückeburger Schlosses. Die Ausführung hat entsprechend
dem von Herseel vorgelegten Probestück zu erfolgen. Als Preis werden für die Quadratelle
sechs Reichsthaler vereinbart. An Vorschuß erhält der Wirker 250 Reichsthaler. Jakob
Morß (Mores), der bekannte Hamburger Goldschmied und Juwelier, unterschreibt als
Bürge, zweifellos ein sicheres Zeichen des Ansehens, das der Wirker in Hamburg genoß.
Ob die Arbeit sich, gegen Erwarten, jahrelang hinzog, oder, was wahrscheinlicher sein
dürfte, da ein anderer Raum genannt wird, ob die Folge erheblich erweitert wurde, steht
dahin. Jedenfalls findet sich unter dem 20. November 1607 ein neuer Eintrag im Bauregi-
ster, der sich mit dem „Tapettenmacher von Hamburgk" befaßt: ,,.. . 7 Stück Tappetzereien
in meiner Gemahlinnen gemach von Octavianus Augusti, jede Bückeburger Ellen zu 6 Thlr
und ahn gudte gleich den andern, ertragen 263 Ellen, . . thun zu 6 rth. 1578 rthl.". Der Wir-
ker bezieht 14 Tage nach Michaelis 1608 — 800 rthl und den Rest nach Anlieferung der Ge-
samtfolge zu Michaelis 1609 in Höhe von 778 rthl. Die Lieferfrist beträgt hiernach, entspre-
chend der ersten Serie, zwei Jahre. Es folgen die Angaben über die geleisteten Zahlungen.
Unter dem gleichen Datum (20. November 1607) ergeht eine weitere erhebliche Bestellung,
nämlich „11 Stück Tapetzereien von Cipione in die Roten Stuben und Camern". Der Preis
ist mit sechs Reichstalern für die Quadratelle derselbe, die Güte soll gleich sein „denen im
langen Sahhl", d. h. die ersten elf oder zwölf Augustusteppiche müssen zur Zufriedenheit
abgeliefert worden sein. Die Scipiofolge umfaßt 33932/64 Ellen und bedingt ein Entgelt von
2037 Talern. Die Lieferfrist läuft bis 14 Tage nach Ostern 1609; die Zahlungen erfolgen in
entsprechender Form — 800 Taler vierzehn Tage nach Ostern 1608, der Rest mit 1237 Ta-
lern nach Ablieferung.
Bereits Dezember 1605 laufen umfangreiche Verhandlungen mit dem Hamburger Agen-
ten des Schaumburger Grafen, Alexander Roche, bei denen leider der Name des Wirkers
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Tatsache ist jedenfalls, daß Joost II. von 1589 bis mindestens 1621 in Hamburg einen
Wirkereibetrieb unterhält, über dessen Umfang wir durch urkundliches Material ziemlich
genau unterrichtet sind. Aus welchem Wirkerort stammt die Familie Aertsdael — Herseele?
Ein Joos van Herseel, wahrscheinlich identisch mit Joos I. van Aertsdael-Herseele, ist zu-
nächst in Brüssel tätig; er betreibt dann in den siebziger Jahren des 16. Säkulums eine nam-
hafte Wirkereiwerkstatt in Antwerpen, liefert 1582, als Unter-Unternehmer, gemeinsam mit
seinem Antwerpener Fachgenossen Franz Sweerts, zwei Tapisseriezimmer „landschap ende
poeterye" für die Stände von Zeeland — für die Gasträume der Herzöge von Anjou und
Alencon bestimmt53) —■, 1586 eine Folge von acht Verdüren (Kolonnaden) und scheint un-
mittelbar nach diesem Zeitpunkt die Heimat verlassen zu haben. Die Annahme, daß es sich
um einen Antwerpener Wirker mit Brüsseler Schulung handelt, findet in der Eigenart der
uns erhaltenen Behänge aus dem Atelier seines Sohnes volle Bestätigung.
Die Blütezeit der Werkstatt Joost II. fällt in das erste Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts.
Ein Inventarvermerk der Herzöge von Pommern-Wolgast — es handelt sich um die
Ausstattung des Residenzschlosses zu Wolgast — vom 12. Juni 1604, erwähnt die „vier
neuen Stücke, so von Hamburg kommen sollen"54). Name des Wirkers und Motive der
Folge werden leider nicht genannt. Im gleichen Jahre (1604) bringt das „Bückeburger Bau-
Register" des Grafen Ernst55) eine Verhandlung mit dem „Teppichmacher von Altona:
Für die Spoleri (lange, niedrige Verdüren) auf meiner Gemahlin Stuben bezahlt für jede
Elle 2 rth ... 75 rth. Nochmals in derselben Kammern 43 Ellen bestellet, jede zu 2 rthl."
Es folgen die Angaben über die geleisteten Zahlungen.
Ende des Jahres (1604) schließt Ernst von Schaumburg — 1619 in den Fürstenstand er-
hoben — einen ausführlichen Vertrag mit Joest van Harsell, „Tapetmachern in Ham-
burgk"56). Es handelt sich um elf oder zwölf Behänge, jeder 41/4 Ellen hoch — „Sonderlich
die Historie des Keysers Augusti Octauiany nach aussweisunge der gezeichneten Patronen"
— für den „Langen Saal" des Bückeburger Schlosses. Die Ausführung hat entsprechend
dem von Herseel vorgelegten Probestück zu erfolgen. Als Preis werden für die Quadratelle
sechs Reichsthaler vereinbart. An Vorschuß erhält der Wirker 250 Reichsthaler. Jakob
Morß (Mores), der bekannte Hamburger Goldschmied und Juwelier, unterschreibt als
Bürge, zweifellos ein sicheres Zeichen des Ansehens, das der Wirker in Hamburg genoß.
Ob die Arbeit sich, gegen Erwarten, jahrelang hinzog, oder, was wahrscheinlicher sein
dürfte, da ein anderer Raum genannt wird, ob die Folge erheblich erweitert wurde, steht
dahin. Jedenfalls findet sich unter dem 20. November 1607 ein neuer Eintrag im Bauregi-
ster, der sich mit dem „Tapettenmacher von Hamburgk" befaßt: ,,.. . 7 Stück Tappetzereien
in meiner Gemahlinnen gemach von Octavianus Augusti, jede Bückeburger Ellen zu 6 Thlr
und ahn gudte gleich den andern, ertragen 263 Ellen, . . thun zu 6 rth. 1578 rthl.". Der Wir-
ker bezieht 14 Tage nach Michaelis 1608 — 800 rthl und den Rest nach Anlieferung der Ge-
samtfolge zu Michaelis 1609 in Höhe von 778 rthl. Die Lieferfrist beträgt hiernach, entspre-
chend der ersten Serie, zwei Jahre. Es folgen die Angaben über die geleisteten Zahlungen.
Unter dem gleichen Datum (20. November 1607) ergeht eine weitere erhebliche Bestellung,
nämlich „11 Stück Tapetzereien von Cipione in die Roten Stuben und Camern". Der Preis
ist mit sechs Reichstalern für die Quadratelle derselbe, die Güte soll gleich sein „denen im
langen Sahhl", d. h. die ersten elf oder zwölf Augustusteppiche müssen zur Zufriedenheit
abgeliefert worden sein. Die Scipiofolge umfaßt 33932/64 Ellen und bedingt ein Entgelt von
2037 Talern. Die Lieferfrist läuft bis 14 Tage nach Ostern 1609; die Zahlungen erfolgen in
entsprechender Form — 800 Taler vierzehn Tage nach Ostern 1608, der Rest mit 1237 Ta-
lern nach Ablieferung.
Bereits Dezember 1605 laufen umfangreiche Verhandlungen mit dem Hamburger Agen-
ten des Schaumburger Grafen, Alexander Roche, bei denen leider der Name des Wirkers
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