Hamburg. Altona. Stade.
Schleswig-Holstein
Stück „mit der Historia der drei Weisen", zahlreiche Stuhlkissen mit Figuren der VII Tu-
genden, „tapeten Blumenküssen" usw. Es ist mit dem besten Willen nicht festzustellen, ob
es sich um Amsterdamer oder Hamburger Fabrikat handelt. Ich verzichte demgemäß auf
weitere Beispiele.
Ungleich wichtiger für die Beurteilung der Hamburger Bildwirkerei sind die uns über-
kommenen authentischen Behänge und die naturgemäß zahlreichen Kissenwirkereien.
Ein 1,75 m langer Wirkereistreifen (Abb. 95a), den Justus Brinkmann66) als Kamin-
behang bezeichnet, der mit größerer Wahrscheinlichkeit als das Fondstück eines Himmel-
bettfrieses anzusprechen ist, trägt rechts (heraldisch) das Wappenschild der Hamburger
Patrizierfamilie von Eitzen — in Blau aufgerichtetes Triangel, als Helmzier eine gespal-
tene Rute zwischen zwei Büffelhörnern —, links ein Frauenwappen — in Blau mit Gold
geteiltem Schild, ein steigender Löwe in verwechselten Tinkturen, Helmzier: wachsender
Löwe zwischen Büffelhörnern —, das sich jedoch auf kein Hamburger Geschlecht deuten
läßt. In der Mitte des Frieses ruht am Baumstamme Orpheus, im Arme die Leier; die
Tierwelt — Elefant, Jaguar, Löwe, Bär, Hirsch, Lamm, Kuh, Pferd, Kamel usw. —
lauscht andächtig den Klängen.
Das Motiv ist einer Brüsseler oder Antwerpener Bordüre, in der Art der Fassung der be-
kannten Noahgeschichte67) aus Wilhelm de Pannemakers Atelier, entlehnt. Der Vergleich
mit der Detailwiedergabe — ruhender harfespielender Orpheus, lagernde Tiere im I. Teil
meiner „Wandteppiche", Tafel 421 — spricht besser als lange Ausführungen. Die Technik
— namentlich die typische Erfassung des bewachsenen Waldfußbodens — geht mit der
Schaumburger Folge zusammen. Das Stück, um 1600 entstanden, dürfte unbedenklich dem
Atelier Joosts II. von Herseele zuzusprechen sein.
Ein Kissenblatt in gröberer Ausführung bringt die Mittelpartie des Frieses (Abb. 95 b) —
Orpheus, Pfau, Pferd, Löwe usw. —, in ziemlich ungeschickter Weise modifiziert. Die Bor-
düre zeigt die bekannten Frucht-Blumenmotive. Das Männerwappen ist das des 1616 ver-
storbenen Hamburger Bürgermeisters Johann Wetken, das Frauenwappen das seiner, ihm
am 2. März 1595 angetrauten Gattin, Elisabeth von Eitzen, Tochter des Bürgermeisters
Diedrich von Eitzen. Technik und Durchführung des um 1610 entstandenen Stückes lassen
die Überweisung an Joost van Herseele nicht zu; in Frage kommt eine kleinere, weniger ge-
schickte Werkstatt. Das gleiche gilt von der dritten Orpheusversion — ebenfalls ein Kissen-
blatt — mit den Wappen des Hamburger Ratsherrn Ehlert Esich (gest. 3. August 1640) und
seiner Gattin Getrude (geb. Moller, vermählt 1599, gest. 14. September 1649). Beide Stücke
entstammen der gleichen Zeitspanne und demselben Atelier. Es folgt — um bei den durch
Hoheitszeichen gesicherten Arbeiten zu bleiben —- ein Kissenblatt (Abb. 95c), gleichfalls im
Besitze des Hamburger Kunstgewerbemuseums: König Salomo empfängt, hoch zu Roß, die
kniende Königin von Saba, die ihre Geschenke auf dem mit Blumen übersäten Rasen aus-
breitet. Kamele tragen Lasten, im Hintergrund steht, von dem Pferde zum Teil verdeckt,
ein Knecht. Den Fond schließen Höhen mit Stadt- und Burganlagen. Die Bordüre ähnelt
stark der Fassung der Orpheuskissen. Besteller ist, nach den Wappen zu schließen, J. U. L.
Georg uth dem Busch, der 1626 die Witwe des Syndikus Dr. Peter Moller, die Tochter des
Oberalten Heinrich Stampeel ehelicht, 1635 zum Senator erwählt wird und 1641 verstirbt.
Das Kissen dürfte kurz nach 1635 entstanden sein. Zeichnung und Technik sind, gegenüber
den vorbesprochenen Arbeiten, erheblich schwächer; an der Hamburger Provenienz be-
steht kein Zweifel.
Wenig früher — 1632 datiert — entstand ein ebenso sorgfältig durchgeführter wie in der
Darstellung interessanter Behang — wiederum im Hamburger Museum für Kunst und Ge-
werbe — mit den Wappen des Hamburger Oberalten Jürgen Schrötteringk (gest. 27. Ja-
nuar 1631) und seiner Gattin in zweiter Ehe, Anna, Tochter des Hamburger Bürgermeisters
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Schleswig-Holstein
Stück „mit der Historia der drei Weisen", zahlreiche Stuhlkissen mit Figuren der VII Tu-
genden, „tapeten Blumenküssen" usw. Es ist mit dem besten Willen nicht festzustellen, ob
es sich um Amsterdamer oder Hamburger Fabrikat handelt. Ich verzichte demgemäß auf
weitere Beispiele.
Ungleich wichtiger für die Beurteilung der Hamburger Bildwirkerei sind die uns über-
kommenen authentischen Behänge und die naturgemäß zahlreichen Kissenwirkereien.
Ein 1,75 m langer Wirkereistreifen (Abb. 95a), den Justus Brinkmann66) als Kamin-
behang bezeichnet, der mit größerer Wahrscheinlichkeit als das Fondstück eines Himmel-
bettfrieses anzusprechen ist, trägt rechts (heraldisch) das Wappenschild der Hamburger
Patrizierfamilie von Eitzen — in Blau aufgerichtetes Triangel, als Helmzier eine gespal-
tene Rute zwischen zwei Büffelhörnern —, links ein Frauenwappen — in Blau mit Gold
geteiltem Schild, ein steigender Löwe in verwechselten Tinkturen, Helmzier: wachsender
Löwe zwischen Büffelhörnern —, das sich jedoch auf kein Hamburger Geschlecht deuten
läßt. In der Mitte des Frieses ruht am Baumstamme Orpheus, im Arme die Leier; die
Tierwelt — Elefant, Jaguar, Löwe, Bär, Hirsch, Lamm, Kuh, Pferd, Kamel usw. —
lauscht andächtig den Klängen.
Das Motiv ist einer Brüsseler oder Antwerpener Bordüre, in der Art der Fassung der be-
kannten Noahgeschichte67) aus Wilhelm de Pannemakers Atelier, entlehnt. Der Vergleich
mit der Detailwiedergabe — ruhender harfespielender Orpheus, lagernde Tiere im I. Teil
meiner „Wandteppiche", Tafel 421 — spricht besser als lange Ausführungen. Die Technik
— namentlich die typische Erfassung des bewachsenen Waldfußbodens — geht mit der
Schaumburger Folge zusammen. Das Stück, um 1600 entstanden, dürfte unbedenklich dem
Atelier Joosts II. von Herseele zuzusprechen sein.
Ein Kissenblatt in gröberer Ausführung bringt die Mittelpartie des Frieses (Abb. 95 b) —
Orpheus, Pfau, Pferd, Löwe usw. —, in ziemlich ungeschickter Weise modifiziert. Die Bor-
düre zeigt die bekannten Frucht-Blumenmotive. Das Männerwappen ist das des 1616 ver-
storbenen Hamburger Bürgermeisters Johann Wetken, das Frauenwappen das seiner, ihm
am 2. März 1595 angetrauten Gattin, Elisabeth von Eitzen, Tochter des Bürgermeisters
Diedrich von Eitzen. Technik und Durchführung des um 1610 entstandenen Stückes lassen
die Überweisung an Joost van Herseele nicht zu; in Frage kommt eine kleinere, weniger ge-
schickte Werkstatt. Das gleiche gilt von der dritten Orpheusversion — ebenfalls ein Kissen-
blatt — mit den Wappen des Hamburger Ratsherrn Ehlert Esich (gest. 3. August 1640) und
seiner Gattin Getrude (geb. Moller, vermählt 1599, gest. 14. September 1649). Beide Stücke
entstammen der gleichen Zeitspanne und demselben Atelier. Es folgt — um bei den durch
Hoheitszeichen gesicherten Arbeiten zu bleiben —- ein Kissenblatt (Abb. 95c), gleichfalls im
Besitze des Hamburger Kunstgewerbemuseums: König Salomo empfängt, hoch zu Roß, die
kniende Königin von Saba, die ihre Geschenke auf dem mit Blumen übersäten Rasen aus-
breitet. Kamele tragen Lasten, im Hintergrund steht, von dem Pferde zum Teil verdeckt,
ein Knecht. Den Fond schließen Höhen mit Stadt- und Burganlagen. Die Bordüre ähnelt
stark der Fassung der Orpheuskissen. Besteller ist, nach den Wappen zu schließen, J. U. L.
Georg uth dem Busch, der 1626 die Witwe des Syndikus Dr. Peter Moller, die Tochter des
Oberalten Heinrich Stampeel ehelicht, 1635 zum Senator erwählt wird und 1641 verstirbt.
Das Kissen dürfte kurz nach 1635 entstanden sein. Zeichnung und Technik sind, gegenüber
den vorbesprochenen Arbeiten, erheblich schwächer; an der Hamburger Provenienz be-
steht kein Zweifel.
Wenig früher — 1632 datiert — entstand ein ebenso sorgfältig durchgeführter wie in der
Darstellung interessanter Behang — wiederum im Hamburger Museum für Kunst und Ge-
werbe — mit den Wappen des Hamburger Oberalten Jürgen Schrötteringk (gest. 27. Ja-
nuar 1631) und seiner Gattin in zweiter Ehe, Anna, Tochter des Hamburger Bürgermeisters
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