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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0151

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3. Stettin.

Peter Heyman (Heymann, Heimans, Heymans), der Wirker des bekannten Croyteppichs.
taucht 1551 zum ersten Male in den Rechnungsbelegen der pommerschen Herzöge auf42).
Das Anstellungsdekret, das Barnim XI. dem Meister ausstellen läßt, datiert vom 20. Mai.
Heyman übernimmt die Pflege des herzoglichen Textilienschatzes, er bezieht jährlich 25 Gul-
den Sold, sowie an Naturalien einen Ochsen, zwei Schweine, 12 Scheffel Roggen, 4 Gul-
den Holzgeld, 3 Stein Wolle und ein Hofkleid43). Peter Heyman ist Niederländer. Der ver-
hältnismäßig reiche Bestand an Wandteppichen aus der Torgauer Manufaktur des Hein-
rich von der Hohenmuel, der sich unzweifelhaft aus den Inventarverzeichnissen der Pom-
mernherzöge ergibt, legt den Gedanken nahe, in Meister Peter einen Angehörigen des
Hohenmuelschen Ateliers zu erblicken.

1536 wird in Torgau die Hochzeit Marias, der Schwester Johann Friedrichs des Groß-
mütigen, mit Herzog Philipp von Pommern-Wolgast, von Martin Luther selbst eingesegnet,
feierlich begangen. Das Ereignis wird in dem Greifswalder Teppich verewigt, als Erb-
stück des letzten Nachkommen aus dem Greifenstamm, des 1684 in Königsberg verstorbe-
nen Herzogs Ernst Bogislav von Croy und Arschot, der Universität Greifswald als Geschenk
überwiesen.

Der gold- und silberdurchwirkte Behang (Abb. 116) mißt in der Höhe 4,32 m, in der
Länge 6,80 m; die Signatur P H ist ohne Bedenken mit Peter Heyman in Verbindung zu
bringen, die Jahreszahl 1554 gibt wahrscheinlich das Datum des Kartonentwurfes, so daß
der Teppich wohl um 1556 vollendet gewesen sein dürfte. Rechts von der Kanzel mit dem
predigenden Luther gruppieren sich die Angehörigen des pommerschen Herzogshauses, zu
Häupten das große Wappenschild: Georg I. (gest. 1531), Barnim X., Herzog von Pommern-
Stettin-Wolgast (gest. 1570) der Schutzherr der Reformation in Pommern, PhilippL, Herzog
von Pommern-Wolgast (gest. 1560) der Besteller des Teppichs, mit seinen fünf Kindern, es
folgen die Pfalzgräfin bei Rhein (gest. 1527), Mutter Philipps I. und Gemahlin Georgs I.,
Anna von Braunschweig-Lüneburg, Gattin Barnims X. (gest. 1568), Herzogin Maria zu
Sachsen, die Gemahlin des Wolgaster Herzogs (gest. 1583) und ihre Kinder Johann Friedrich
(geb. 1542), Bogislav (geb. 1544), Ernst Ludwig Philipp (geb. 1545), Amalia (geb. 1547) und
Barnim (geb. 1549)44). Links nimmt das Kurhaus Sachsen Aufstellung: Friedrich III. der
Weise (gest. 1525), Johann der Beständige (gest. 1537), Herzogin Margarete von Anhalt
(gest. 1521), die Mutter Marias, der Gemahlin Philipps I. von Pommern-Wolgast, Johann
Friedrich der Großmütige (gest. 1554)45), sein Bruder Johann Ernst von Koburg (gest.
1553), Sibylle von Cleve, die Gattin Johann Friedrichs (gest. 1544), schließlich die drei
Söhne Johann Friedrichs: Johann Friedrich (geb. 1529), Johann Wilhelm (geb. 1530), Jo-
hann Friedrich (geb. 1538). Die Schrifttafeln der unteren Bordüren nennen die Namen der
Dargestellten. Der pommerschen Gruppe wird der Reformator Johann Bugenhagen (mit
seinem Wappenschild), der sächsischen Fürstenfamilie entsprechend Philipp Melanchthon
zugeteilt. Zwischen dem großen sächsischen Wappen und der Schrift steht das Kreuz mit
dem Erlöser, das beschädigte Feld — jetzt durch eine Tafel ausgefüllt — war ursprünglich
der Taufe Christi vorbehalten. Umfangreiche Legenden glossieren die Tätigkeit der Refor-
matoren, bringen Stellen aus der Schrift46) und die Wappensprüche der beiden regierenden

18 Göbel, Wandteppiche III, 2.

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