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Elvenich, MoratphiiosopMe.
der Gebrauch der Freiheit möglich war, da ist doch
wohl ein s. g. Nichtgebrauch derselben selbst ein Act
der Freiheit, denn was der Freiheit möglich ist, das
liegt innerhalb der Sphäre der Freiheit. Jene Versäum-
nils der möglichen Abwendung eines Herrschaftsaktes
der Sinnlichkeit ist ja selbst ein Act der freien Willens,
in so fern sie eben möglich war; oder giebt es noch
eine Möglichkeit für den Wilien aufser der Freiheit?
Wenn der Verf. selbst sagt (S. 16?.): „Der Mensch
vermag, und zwar kraft seiner Freiheit, den
Reizen der Sinnlichkeit zu widerstehen," so Hegt eben
darin, dals er auch frei handelt, wenn er der Sinnlich-
keit nicht widersteht, denn die Freiheit zu wider-
stehen besteht ja in nichts anderem, als darin, dals er
auch nicht widerstehen könnte. Es ist folglich nur
ein Nichtgebrauch des vernünftigen Willens, nicht
aber des freien Willens (und beides unterscheidet der
Verf. nicht genug), der in dem sinnlichen Wollen liegt.
Ist aber das sinnliche Wollen wirklich unfrei, nun so
ist damit entschieden, dafs es niemals böse genannt wer-
den kann, denn dann liegt es außerhalb der Sphäre der
Zurechnung. Ist aber das sinnliche Wollen unfrei, so
folgt, dals das Sich-bestimmen für den sinnlichen Zweck
nicht in der Sphäre der Möglichkeit des Willens liegt,
folglich ist für den Willen nur das vernünftige Wollen
möglich, also ist auch dies vernünftige Wollen nicht
frei, der Wille kann sich allein für die vernünftigen
Zwecke bestimmen, es ist nur eine Naturnotwendigkeit,
eine in der Natur des Willens selbst liegende Notwen-
digkeit, die ihn zu dieser Richtung allein nöthigt; somit
ist auch das vernünftige Wollen eben so wenig zum
Guten zurechenbar, als das Sinnliche zum Bösen , die
Zurechnung wird also auch für das Gute vernichtet.
Zurechnung, zum Guten wie zum Bösen, ist nur mög-
lich, wenn beides, Gutes oder Böses für den Willen
möglich ist, sie fällt für Beides, wenn diese Möglich-
keit für die eine Seite genommen wird.
Elvenich, MoratphiiosopMe.
der Gebrauch der Freiheit möglich war, da ist doch
wohl ein s. g. Nichtgebrauch derselben selbst ein Act
der Freiheit, denn was der Freiheit möglich ist, das
liegt innerhalb der Sphäre der Freiheit. Jene Versäum-
nils der möglichen Abwendung eines Herrschaftsaktes
der Sinnlichkeit ist ja selbst ein Act der freien Willens,
in so fern sie eben möglich war; oder giebt es noch
eine Möglichkeit für den Wilien aufser der Freiheit?
Wenn der Verf. selbst sagt (S. 16?.): „Der Mensch
vermag, und zwar kraft seiner Freiheit, den
Reizen der Sinnlichkeit zu widerstehen," so Hegt eben
darin, dals er auch frei handelt, wenn er der Sinnlich-
keit nicht widersteht, denn die Freiheit zu wider-
stehen besteht ja in nichts anderem, als darin, dals er
auch nicht widerstehen könnte. Es ist folglich nur
ein Nichtgebrauch des vernünftigen Willens, nicht
aber des freien Willens (und beides unterscheidet der
Verf. nicht genug), der in dem sinnlichen Wollen liegt.
Ist aber das sinnliche Wollen wirklich unfrei, nun so
ist damit entschieden, dafs es niemals böse genannt wer-
den kann, denn dann liegt es außerhalb der Sphäre der
Zurechnung. Ist aber das sinnliche Wollen unfrei, so
folgt, dals das Sich-bestimmen für den sinnlichen Zweck
nicht in der Sphäre der Möglichkeit des Willens liegt,
folglich ist für den Willen nur das vernünftige Wollen
möglich, also ist auch dies vernünftige Wollen nicht
frei, der Wille kann sich allein für die vernünftigen
Zwecke bestimmen, es ist nur eine Naturnotwendigkeit,
eine in der Natur des Willens selbst liegende Notwen-
digkeit, die ihn zu dieser Richtung allein nöthigt; somit
ist auch das vernünftige Wollen eben so wenig zum
Guten zurechenbar, als das Sinnliche zum Bösen , die
Zurechnung wird also auch für das Gute vernichtet.
Zurechnung, zum Guten wie zum Bösen, ist nur mög-
lich, wenn beides, Gutes oder Böses für den Willen
möglich ist, sie fällt für Beides, wenn diese Möglich-
keit für die eine Seite genommen wird.