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Belletristische Literatur.

Ist Herrn Ludwig Willis Entrüstung zu loben, wenn er
im Ahasver die Unbill der Christen gegen sein Volk rügt,
so ist auch Herr Fr. Ernst in seinem Rechte, wenn er mit
edler Kühnheit über den Mifsbrauch und die Wegwerfung des
Kreuzes klagt $ er ist um so mehr dazu berechtigt, als er
anderswo (8. 245 ff.) auch die Gemeinheit seiner Glaubens-
genossen gegen die Juden in einem sehr gelungenen Genre-
bilde an den Pranger stellt.
Von den folgenden Liedern verdienen Auszeichnung:
„Des Scharfrichters Jahrestag“ (S. 162), ,,Der Bischoff und
die Flamme“ (8. 184), „Bei der Geburt — “ und „vor der
Wiege eines Knaben“ (S. 206 — 220)5 „In den Ruinen von
H. “ (8. 176)5 ganz besonders aber „Denken und Lenken“
(8. 204) und „Am Grabe des Grofsvaters“ (S. 221). Dieses
Gedicht könnte sich der Verf. selbst als Vorbild der von ihm
verlangten Selbstbeschränkung aufstellen. Es hat nur zehn
Strophen in seiner gewohnten Manier hätte es deren dreifsig
erhalten können. Dasselbe Lob ist, einige müfsige Strophen
abgerechnet, dem wirklich köstlichen Liede „Die Equilibri-
stin “ (8. 241) zu ertheilen:
Trägt nicht deine Stirne Sonnen,
Zeigt dein Auge nicht den Blitz,
Deiner Lochen weiches Polster
Einer Herrscherkrone Sitz?
Taucht aus deines Busens Woge
Lockend nicht die Liebe auf?
Fordert für des Fiffses Schwingen
Nicht die Anniuth Blunienlauf ?

Nach dem Seile blickt der Wild’ste,
Denn sein Herz, es tanzt mit dir;
Nur das meine stockt und zittert ,
Herz, was zagst du? klag’ es ihr!
Ach Bajazzo naht, der tolle!
Börsen vor, schon ist’s zu spät!
Wieder nach dem Koth der Strafse
Zieht der Schönheit Majestät.
Unter das Beste gehört noch „Der Bart“ (S. 251), „An
die Riesensäule im Odenwalde“ (8. 253), „der prefshafte
8efsliafte“ (8. 259). Den Schlufs macht eine Anzahl Grüfse,
die dör junge Franke (diese Landsmannschaft verräth sich
an mehr als einem Orte) den benachbarten Schwabendich-
tem sendet, Avie denn das Ganze auch L. Uhl and geAvidmet
ist. Er thut das in einem Augenblicke, wo jene Dichter Amn
einer gewissen 8eite her mit den Spottnamen Schneider und
Handschuhmacher beehrt werden. Es kann ihm dies übel
bekommen — für den Augenblick.
 
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