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1170 Weif«: System des Veifassungsreehts des Grofsherzogth. Hessen.
alle Befehle, alle vielleicht bei Gelegenheit einzelner Falle
aufgestellte Grundsätze, alle nicht niedergeschriebene Praxis
der Amtsstellen kennen gelernt hat, dafs man somit nicht
nach aller Miihe und mit bestem Willen doch etwas Unvoll-
ständiges, wo nicht gar Unrichtiges geben wird. Dazu kommt
denn noch, dafs während der, natürlich Jahre Jang dauernden,
Arbeit neue Landtage, ganze Bände neuer Gesetze kommen,
welche das kaum Ausgearbeite um und umstofsen. Überhaupt
denkt sich wohl ein mit anderen Theilen des Rechtes be-
schäftiger Gelehrter nicht, wie verdriefslich für den Publici-
sten es ist, dafs sein Material nie geschlossen ist, dafs jede
neue Nummer des Regierungsblattes ihm ganz unerwartet
wieder Steine in den Garten werfen kann. Selbst beim be-
schleunigsten Drucke eines gröfsern Werks ist es unver-
meidlich, bereits Antiquirtes mitzutheilen. Und wann soll man
die Arbeit abschliefsen und mit dem Drucke anfangen? Vor
dem nächsten Bande nicht, weil nothwendig dieser wichtiges
und zahlreiches Neues bringt; nach demselben nicht, weil
die zu den neuen Gesetzen gehörigen Verordnungen und In-
structionen noch nicht erschienen, die Änderungen im Orga-
nismus der Behörden noch nicht durchgeführt sind. Es ist
allerdings wahr, der Publicist hat ein gröfseres und ein sehr
aufmerksames Publicum ; seine Untersuchungen haben leicht
und bald practische Folgen. Natürlich erfreut und ermuntert
Solches. Doch hat auch dieses seine Schattenseite. Der
Schriftsteller über geltendes einheimisches Staatsrecht kommt
unvermeidlich mit den Partheien, mit den Interessen und In-
triguen Einzelner in Collision, und zwar um so gewisser und
um so häutiger, als er, wie er soll, rücksichtslos und mit juri-
stischer Logik, die Folgen aus den Grundsätzen oder die
Grundsätze aus den einzelnen Handlungen zieht. Dann aber
ist von Billigkeit , ja nur von Ehrenhaftigkeit in der Beur-
teilung und Behandlung keine Rede mehr. Der Uqterz. kann
hier aus eigener unangenehmer Erfahrung reden. Er hat so
den Fall erlebt, dafs ihm die Blindheit der Partheileidenschaft
Unterstützung eines concreten Planes öffentlich vorwarf, wäh-
rend seine Ansicht fünf Jahre früher, ehe noch ein Mensch
daran denken konnte, dafs die Frage je practisch werden
könne, schon gedruckt vorlag. Es ist in einem andern Falle,
wo er während des Druckes seine Meinung geändert und
einen Carton veranstaltet hatte, ebenfalls mehrere Jahre spä-
 
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