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Nr. 39. HEIDELBERGER 1848.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Bergmann, die Sette ComunL

(Schluss.)
Eine recht interessante Beigabe bildet die Erzählung der Wanderung,
welche der Verfasser dieser Schrift in Begleitung eines Freundes, des durch
seine Schrift über Fra Dolcino und die Patarener der Gelehrtenwelt rühmlichst
bekannten Hrn. Julius Krone im August des Jahres 1847 in diese Gegenden selbst
unternahm. Von einer steinigen Anhöhe, so ruft der Verf. am Schluss seiner
lebendigen, durch manche einzelne Züge des Volkslebeus und der noch jetzt
fortlebenden Sitten uns ansprechenden Schilderung dieser Gegend S. 59 aus,
warfen wir unsern Scheideblick nach den sieben Bergen zurück, voll schmerz-
lichen Gefühls, einen Zweig des weitgeäsleten deutschen Baumes, welchen er
vor Jahrhunderten auf fremden Boden hinüberbog, für das grosse Vaterland all—
malig abdorren zu sehen! Dass diese Auflösung hier nicht schon längst ge-
schehen, gibt Zeugniss von der innern Lebenskraft des deutschen Wesens und
Volks. Priester, Lehrer und Beamter, nur in welscher Sprache und Weise ge-
schult und gebildet, und mit Ausnahme weniger der cimbrischen Mundart min-
der kundig als der gemeine Mann, können unmöglich zur Erhaltung des alten
Elements beitragen; der kleine Katechismus vom Jahre 1842 — das einzige
gedruckte Buch — ist zum Lehren und Lernen besserer deutscher Sprache un-
brauchbar und als Curiosum selbst Wenigen bekannt. Tüchtige Lehrer deut-
scher Sprache, etwa ausgediente Gnterofficiere, wie ich sie oben andeutete, oder
auf deutschen Schulen brauchbar ausgebildete Söhne jener Berge vermöchten
mit zweckmässigen Büchern vielleicht noch — aber es ist höchste Zeit — zur
Auffrischung jenes schwachen LebensflämmchertS beizutragen. Möchten auch
wohlmeinende Beamte, gebildete Priester und tüchtige Lehrer an der mittleren
Etsch in Tirol dafür wachsam sorgen, dass einst nicht auch von ihnen, wie wir
von den Sette Comuni, der Vaterlandsfreund mit wehmuthsvollem Gefühle scheide 1“
So schrieb der Verf. kurz vor der grossen Katastrophe, die mit dem Ausbruch
der Revolution zu Mailand, Welschland mehr als je — davon hat sich auch Ref.
selbst noch vor Kurzem an Ort und Stelle überzeugt — uns entfremdet, eben
dadurch aber uns eine erneuerte Mahnung gegeben hat, dem in den letzten
Jahren namentlich von Welschtirol aus so sehr um sich greifenden italienischen
Propagandismus alles Ernstes entgegenzutreten, um seine weiteren, auf offene
Vertilgung des deutschen Elements gerichteten, bisher auch erfolgreichen Fort-
schritte zu hemmen und das für Deutschland zu retten, was noch nicht unrettbar
verloren ist. Möchte darum des Verf. Mahnung allerwärts Anklang und Be-
achtung finden!
XLI. Jahrg. 4, Doppelheft.

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