Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Jr. 58. HEIDELBERGER 1S4S-
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
.! i m u .' ' -.—■-!1
Hartliolniess, Jordano Bruno.

(Fortsetzung.)
Schon in früher Jugend scheint also Bruno, nach seinen eignen
Aeusserungen zu schliessen, den Kampf mit dem Unglücke begonnen zu
haben, den er durch sein ganzes Leben hindurch zu kämpfen hatte.
Wahrscheinlich in Folge desselben trat er als Jüngling in den Domini-
kanerorden — das Nähere dieses Schrittes ist unbekannt. — Diesem
gelehrten Orden verdankt Bruno den Anstoss zu seiner wissenschaftlichen
Bildung, zugleich aber auch wohl zu seinem Widerwillen gegen die Kir-
chenlehre und gegen Aristoteles, der in den Mönchsschulen noch unbedingt
herrschte und als stützenden Pfeiler der Rechtgläubigkeit betrachtet wurde,
obgleich sein Ansehn ausserhalb der Kirche schon längst wankend ge-
worden war. Die Platonische Lehre, verbunden mit neuplatonischen und
kabbalistischen Spekulationen, war durch die von den Medicis gestiftete
florentinische Akademie glänzend vertreten, und in Neapel selbst war
unter Porta und Telesius eine vom Schulzwange freie geistige Richtung
rege, die sich eines Theils an die ältere griechische Naturphilosophie
vor Plato, andern Theils an die neu erwachende Naturforschung anschloss
und mit dem Studium der alten Literatur und der Pflege der Poesie
Hand in Hand ging. Die alten Denker Grossgriechenlands aus der Blüthe-
zeit der itäliotischen und sicilischen Pflanzstädte, ein Pythagoras, Parme-
nides, Empedokles, mit Stolz als Landsleute betrachtet und hochgefeiert,
wurden zu Mustern genommen, und man schmeichelte sich nach andert-
halbtausendjähriger Unterbrechung ihre Schule fortzusetzen. Dieser Rich-
tung wandte sich auch Bruno zu; von seiner genauen Bekanntschaft mit
den alten Denkern zeugen nicht bloss unzählige Stellen seiner Schriften,
sondern auch die ganze sie durchwehende Denkweise, die nicht bloss mit
der mönchischen, sondern auch mit der kirchlichen einen schreienden Ge-
gensatz bildet. Ganz im Besonderen aber hatten die astronomischen Neu-
erungen des Kopernikus in seiner jugendlichen Seele gezündet. Die neue
Weltordnung, von Kopernikus vorsichtig noch als Hypothese vorgetragen,
hatte in seiner Ueberzeugung Wurzel gefasst, und für ihn nicht bloss
XLI. Jahrg. 6. Doppelheft. 58
 
Annotationen