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52, HEIDELBERGER 1848.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Grote, History of Greece.


(Schluss.)
Erdkunde, vergleichende (comparative) Culturgeschichte, Chronologie
und Sprachwissenschaft, vor allem aber Kritik der Thatsachen und Verhält
nisse —, diese Functionen, bei jeder historischen Forschung auf entle-
genen Gebieten unerlässlich, werden hier meistens mit Glück angewandt,
die Endergebnisse entweder in die Erzählung verflochten oder, was in
den meisten Fällen schicklicher erscheint, besondern Anmerkungen Vor-
behalten. Die geographisch-topographische Sorgfalt, mit welcher wich-
tige Oertlichkeiten beschrieben und als fester Schauplatz des Völkerlebens
in möglichst helle Beleuchtung gebracht werden, tritt auch in diesen
Bänden als lobenswerthe Seite hervor; das gilt namentlich von Macedo-
nien, Thracien, Sicilien und Gross - Griechenland; überall sind neben den
ursprünglichen Hülfsmitteln die besten Karten und Reisewerke benutzt,
um ein klares Bild der Gegend, des Erdraumes zu geben. Eben so
fleissig und meistens glücklich wird der Parallelismus gebraucht, um cul-
turgeschichtliche Momente des Alterthums durch entsprechende ähnliche
Züge späterer Verhältnisse zu erläutern, ein Benehmen, welches bei
grossen Schwierigkeiten nicht nur für die Naturwissenschaften, sondern
auch für die Völker- und Staatenkunde, richtig angewandt, fruchtbare
Endergebnisse liefern kann. Denn die Menschennatur bleibt unter gegebe-
nen Bedingungen der Oerliichkeit und Sitte, des Himmels und Erwerbs
ziemlich dieselbe, schlägt aber bei ungleichem Geiste des Stammes, der
Verfassung und Religion abweichende Bahnen ein, welchen eigenthüm-
liche Formen des Gedachten und Empfundenen folgen. Manches erscheint
gleichartig, ohne es zu sein, und schneidende Gegensätze verschwinden,
wenn ein vermittelndes Medium als Inbegriff beiderseitiger Kräfte gefun-
den und als erklärender Mittelbegriff angewandt wird. Nur muss man
sich bei dem Gebrauch der vergleichenden Geschichtsentwicklung vor der
Rückkehr des Herderschen Humanitätswassers hüten, welches trotz der
guten Absicht nicht im Stande ist, eigenthümliche Flecken und Schroff-
heiten des Völkerprocesses etwa durch Hinweisen auf eine höhere Welt-
XLI. Jahrg. 6, Doppelheft. 52
 
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