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Reponse de M. Libri au rapport de M. Boucly, publie dans le moniteur universel
du 19 mars 1848. Londres, imprime par Schuhe et Co. 13. Poland Street.
1848. XII und 86 S. in gr. 8.
Einige Zeit nach der Pariser Februarrevolution ward das dortige und
nicht minder auch das auswärtige Publikum überrascht durch die Nachricht ei-
nes Handschriften- und Bücherdiebstahls, den ein namhafter und angesehener Ge-
lehrter der Hauptstadt, unterstützt durch seine officielle Stellung, im Grossen
seit längerer Zeit betrieben haben sollte. Ein in dem Cabinet des Ministers
Guizot vorgefundener, und nachher im Moniteur vom 19. März abgedruckter
Bericht des Procureurs (oder vielmehr dessen Substituten Boucly) an den Justiz-
minister bezeichnete den Akademiker und Professor Libri als verdächtig, manche
der seltenen Handschriften und alten Drucke, die er kurz zuvor zugleich mit
seiner übrigen Bibliothek einer öffentlichen Versteigerung ausgesetzt hatte, aus
verschiedenen öffentlichen Bibliotheken, die er in officieller Sendung und im
Auftrag des Ministers besucht, auf unrechtlichem Wege an sich gebracht zu ha-
ben! Allerdings hatten sich, wie wir jetzt aus dieser Reponse sehen, schon
früher Gerüchte der Art im Publikum verbreitet, die selbst dem dabei Bethei-
ligten zu Ohr gekommen waren, welcher sich deshalb bei Hrn. Guizot beschwert
hatte. Dieser wendete sich nun an den Justizminister, welcher seinerseits
den vertraulichen Bericht des Procureurs einzog und Hrn. Guizot denselben mit-
theilte. Dieser Bericht vom 4. Februar fand sich, wie bemerkt, in dem Cabinet
des Hrn. Guizot nach dem Ausbruch der Februarrevolution vor, und ward unter
dem 19. März von der neuen Regierung der Oeffentlichkeit übergeben, nachdem
Hr. Libri selbst, wenige Tage nach der bemerkten Revolution, Paris, um dem
Hass der republikanischen Partei und einer ihm drohenden Anklage und Haft
zu entgehen, verlassen und sich nach England geflüchtet hatte. Um so schwerer
lastete auf ihm der Verdacht, der durch die Beschlagnahme seiner sämmtlichen
Papiere noch verstärkt ward. Hatte man doch in der letzten Zeit Beispiele ei-
ner noch grösseren Corruption unter den höchstgestellten Personen des Staates
erlebt, um auch ein solches Beispiel einer auri sacra fames unter der Gelehrten-
welt als etwas nicht gerade Ausserordentliches anzusehen und den Verdacht als
keineswegs grundlos zu betrachten; lesen wir nicht von einem ähnlichen Fall,
der die Suspension eines siebzigjährigen Greises von seinem Lehramt in Paris
zur Folge hatte und diesen in eine gerichtliche Untersuchung verwickelt hat!
Wir meinen Champollion-Figeac, der sich Papiere und Manuscripte seines ver-
storbenen Bruders, des durch seine Hieroglyphenforschungen so bekannten Charn-
pollion, angeeignet haben soll!

(Schluss folgt.)
 
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