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Literatur zur Faustsage.
Ehre betrifft, stehen die Sagen von Theophilus und vom Militarius an der
Spitze. Für die Geheimnisse der Wissenschaft treten die Sagen, von Vir-
gilius und Sylvester II. voran. Nach den Folgen schliessen die Sagen
vom Teufelspacte theils mit der Himmelfahrt, theils mit der dem Zau-
berer bestimmten Höllenpein. Die Sagen von Theophilus und Militarius haben
die Himmelfahrt; die von Gerbert und ähnliche, ihr nachgebildete, schlies-
sen mit der Höllenstrafe, die Satans Zögling erwartet. In der Faustsage
vereinigen sich beide Reihen; darum schliesst auch Faust den Vertrag des
Sinnengenusses und Wissenschaftsdurstes wegen, wie dieses besonders in
dem ältesten Faustbuche von 1587 herausgehoben ist. Ueber Faust’s
Wissenstrieb lesen wir daselbst: „Fausti Datum stunde dahin, das zu lie-
ben, was nicht zu lieben war, dem trachtet er Tag und Nacht nach, nähme
an sich Adlersflügel, wollte alle Gründ am Himmel und Erden erforschen.
Sein Fürwitz, Freiheit und Leichtfertigkeit stäche und reizte ihn also.
Darum wollte er zuerst den Teufel beschwören“ (m. s. meine deutschen
Volksbücher Bd. I. S. 125). Die Sage von Faust konnte nur mit der
Höllenfahrt enden, da diese zunächst im protestantischen Volksbewusstseyn
sich entwickelte, von diesem aufgefasst und dargestellt wurde, und weil
die protestantische Kirche jener Zeit nur den Glauben an den Himmel und
die Hölle kennt, und von ihr die Fegfeuertheorie, die den Teufelszauberer
noch auf Umwegen zur himmlischen Seligkeit bringen kann, verlacht wird.
Die Elemente früherer Zaubersagen, aus denen die Sage von Faust ent-
standen ist, lassen sich zum Theile nicht blos den Ideen, sondern der
wörtlichen Uebereinstimmung nach durch Vergleichung nachweisen (meine
deutschen Volksbücher Bd. I. S. 53—93). Die ächt deutsche Sage von
dem Collectivzauberer verbreitete sich durch die Niederlande, England,
Frankreich und Polen schon im 16. Jahrhunderte. In den ersten drei
Ländern wurde das Faustbuch übersetzt; in Polen ist die Twardowski-
Sage, doch mit vielen, originellen, durchaus polnischen Zuthaten der deut-
schen nachgebildet (meine deutschen Volksbücher Bd. II. S. 113—124).
Die italienische Donjuansage hat mit der von Faust Uebereinstimmungs-
punkte (m. deutschen Volksb. Bd. II. S. 125 —130). Der französische
Faust des Victor Palma Cayet von 1598 ist, wie ich zum erstenmale
nachgewiesen habe, eine wörtliche, jedoch ungeschickte Uebersetzung des
ältesten Faustbuches von 1587, nicht, wie Sommer irrthümlich meinte,
eine Vermehrung der Ausgabe von 1588 durch neue, etwa von dem Fran-
zosen erfundene Geschichten, da alle diese neuen Geschichten in der Aus-
gabe von 1587 stehen, welche Sommer nicht kannte (meine deutschen
Volksbücher, Bd. III. S. 395—304; vgl. II. S. 96—108). Wir geben
Literatur zur Faustsage.
Ehre betrifft, stehen die Sagen von Theophilus und vom Militarius an der
Spitze. Für die Geheimnisse der Wissenschaft treten die Sagen, von Vir-
gilius und Sylvester II. voran. Nach den Folgen schliessen die Sagen
vom Teufelspacte theils mit der Himmelfahrt, theils mit der dem Zau-
berer bestimmten Höllenpein. Die Sagen von Theophilus und Militarius haben
die Himmelfahrt; die von Gerbert und ähnliche, ihr nachgebildete, schlies-
sen mit der Höllenstrafe, die Satans Zögling erwartet. In der Faustsage
vereinigen sich beide Reihen; darum schliesst auch Faust den Vertrag des
Sinnengenusses und Wissenschaftsdurstes wegen, wie dieses besonders in
dem ältesten Faustbuche von 1587 herausgehoben ist. Ueber Faust’s
Wissenstrieb lesen wir daselbst: „Fausti Datum stunde dahin, das zu lie-
ben, was nicht zu lieben war, dem trachtet er Tag und Nacht nach, nähme
an sich Adlersflügel, wollte alle Gründ am Himmel und Erden erforschen.
Sein Fürwitz, Freiheit und Leichtfertigkeit stäche und reizte ihn also.
Darum wollte er zuerst den Teufel beschwören“ (m. s. meine deutschen
Volksbücher Bd. I. S. 125). Die Sage von Faust konnte nur mit der
Höllenfahrt enden, da diese zunächst im protestantischen Volksbewusstseyn
sich entwickelte, von diesem aufgefasst und dargestellt wurde, und weil
die protestantische Kirche jener Zeit nur den Glauben an den Himmel und
die Hölle kennt, und von ihr die Fegfeuertheorie, die den Teufelszauberer
noch auf Umwegen zur himmlischen Seligkeit bringen kann, verlacht wird.
Die Elemente früherer Zaubersagen, aus denen die Sage von Faust ent-
standen ist, lassen sich zum Theile nicht blos den Ideen, sondern der
wörtlichen Uebereinstimmung nach durch Vergleichung nachweisen (meine
deutschen Volksbücher Bd. I. S. 53—93). Die ächt deutsche Sage von
dem Collectivzauberer verbreitete sich durch die Niederlande, England,
Frankreich und Polen schon im 16. Jahrhunderte. In den ersten drei
Ländern wurde das Faustbuch übersetzt; in Polen ist die Twardowski-
Sage, doch mit vielen, originellen, durchaus polnischen Zuthaten der deut-
schen nachgebildet (meine deutschen Volksbücher Bd. II. S. 113—124).
Die italienische Donjuansage hat mit der von Faust Uebereinstimmungs-
punkte (m. deutschen Volksb. Bd. II. S. 125 —130). Der französische
Faust des Victor Palma Cayet von 1598 ist, wie ich zum erstenmale
nachgewiesen habe, eine wörtliche, jedoch ungeschickte Uebersetzung des
ältesten Faustbuches von 1587, nicht, wie Sommer irrthümlich meinte,
eine Vermehrung der Ausgabe von 1588 durch neue, etwa von dem Fran-
zosen erfundene Geschichten, da alle diese neuen Geschichten in der Aus-
gabe von 1587 stehen, welche Sommer nicht kannte (meine deutschen
Volksbücher, Bd. III. S. 395—304; vgl. II. S. 96—108). Wir geben