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Martin: Vorlesungen über die Theorie des Prozesses.

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nur vermeiden, wenn man dem Rechtsstreite den ihm, als einem
Rechtsgeschäfte zwischen Privatpersonen, gebührenden rein privat-
rechtlichen Charakter unverkümmert lässt. Dass er sich im Gebiete
einer öffentlichen Einrichtung, die ihm als Mittel dient, bewegt, än-
dert diesen Character nicht; sondern modificirt nur seine Bewegung
nach der öffentlichrechtlichen Gestaltung dieser Einrichtung. Und
wenn die Beobachtung dieser Modificationen die Ausübung den pro-
zessualischen Befugnisse bedingt; so tritt diese Beobachtung dadurch
in den Kreis solcher Obliegenheiten, und der Anspruch darauf in
den Kreis solcher Befugnisse, die Bestandtheile des Rechtsstreites
sind, keineswegs ein. Nur im generellen Gebiete der Rechtspflege,
nicht im Sondergebiete des einzelnen Rechtsstreites, steht sie als
Obliegenheit, und die Verwirklichung des Anspruchs auf sie als eine
Befugniss, aber als eine solche, deren Uebung amtliche Pflicht ist.
Dafür, dass s. g. Ressortstreitigkeiten nicht im Wege eines Rechts-
streites, sondern durch die höchste Staatsgewalt zu entscheiden seien,
stellt der Verf. (S. 6.3 ff.) den blendenden Grund auf, aass es dieser
Gewalt gebühre die Gränzen dafür festzusetzen, wie viel zu verwal-
ten sie jeder Behörde anvertrauen wolle. Doch müsse dies durch
allgemeine Normen geschehen. Dabei wird indess, wie die Begrün-
dung zeigt, die Ressortstreitigkeit als eine blosse Ressort Unbe-
stimmtheit aufgefasst. Diese Unbestimmtheit kann aber zwischen
Gerichten und anderen Behörden gar nicht stattfinden, wenn man
die Verschiedenheit zwischen dem öffentlichen und dem privaten
Rechtsverhältnisse, den äusseren Begränzungen derselben und ihren
Stoffen, festhält, und darnach die Gränzen der richterlichen Function
bemisst. Der Verf. kommt mit seiner Auffassung dahin, in An-
sehung von Patrimonialgericliten eine Ausnahme zu machen, weil
deren Inhaber ein wohlerworbenes Recht auf den Umfang ihrer Ge-
richtsbarkeit erlangt haben, worüber im Rechtswege durch Gerichte
zu entscheiden. Sonach scheint nach dem Verf. der s. g. Compe-
tenzconflict immer durch Gesetzgebung, oder durch besondern Rechts-
streit über den Umfang der Gerichtsbarkeit, nicht aber durch recht-
liche Beurtheilung der Bedeutung der Rechtspflege, seine Erledigung
zu finden; was weder mit der Praxis noch mit richtiger Theorie in
Einklang zu bringen steht. Vorschriften über die Geschäftsbehand-
lung der Gerichte schliesst der Verf. von den Dienstinstructionen
aus, und weiset sie mit Feuerbach den Gesetzen zu, wenigstens in
constitutionellen Staaten (S. 64). Ob ebenfalls, wie Feuerbach,
wegen ihrer Wichtigkeit, erhellt nicht. Ein Grund dafür wird aber
nur der sein können, dass sie dem Gebiete der Rechtsanwendung an-
gehören, weil sie an die Stelle des richterlichen Ermessens in An-
sehung der Art ihrer Ausführung treten, und sie daher nicht, gleich
anderen Dienstinstructionen, Behörden zugewiesen werden können,
die von der Rechtsanwendung ausgeschlossen sind, und so der Thä-
tigkeit des Gesetzgebers anheimfallen. Zukünftige Rechtsansprüche
schliesst der Verf. (S. 72) desshalb von der gerichtlichen Rechts-
 
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