294 Die Herausgabe der Gesetze der Langobarden.
die Gründe an, warum er dies Chronicon für älter hält als Beth-
mann, und beweist, dass diese älteste Geschichte der Longobardcn
unter Rotharis selbst verfasst worden sein dürfte.
Die den einzelnen Edicten vorgesetzten Inhalts-Anzeigen der
Capitel weichen in den verschiedenen Handschriften dergestalt von
einander ab, dass Vesme annimmt, dass sie von den Gesetzgebern
selbst nicht herrühren; doch hat er siebeibehalten, weil dergleichen
schon aus der Zeit vor Liutprand herrühren. Uebrigens ist in dem
Edict des Königs Rotharis die grösste Abweichung in der Zahl der
Capitel; die Handschriften von Vercelli, Cava und Ivrea haben
deren 371, mehrere dagegen 388 u. s. w. Vesme glaubt, dass ur-
sprünglich dem Edictum Rotharis keine Zahl den Capiteln vorgesetzt
worden, dass dies aber nicht lange nach ihm geschehen; denn der
St. Gallener Handschrift sind diese Zahlen von einer späteren Hand
beigefügt worden. Das Edictum Grimoald’s und Liutprand’s hat in
dieser Beziehung weniger Schwierigkeiten gemacht. Dagegen um
so mehr das des Königs Rachis. Ueber die Ursachen, aus denen
die Gesetze des Königs Aistulf in mehreren Handschriften der lan-
gobardischen Gesetze fehlen, führt Vesme mehrfache Gründe an.
Dankbar wird es aufgenommen werden, dass der gelehrte Herr
Herausgeber das Edictum Langobardicum mit mehreren Beilagen be-
reichert hat, welche zur Erläuterung der Geschichte der Langobarden
und der bald auf sie folgenden Zeit dienen. Diese sind:
1. Das Chronicon Gothanum nach der Ausgabe von Ritter.
2. Das Compendium des Paulus Diaconus.
3. Untersuchungen über die Giltigkeit einzelner Gesetze.
Vesme findet nemlich, dass die Art der Gesetzgebung bei den
Langobarden von der der andern Barbaren, der Salier, der Burgunder,
Westgothen u. s. w. bedeutend abwich; Rotharis hatte zuerst die lan-
gobardischen Gewohnheiten in Gesetzesform gebracht, die folgenden
Könige machten nun Zusätze zu dessen Edictum, zuerst Grimoald,
dann Liutprand, Rachis oder Aistulf; die Constitution der Carolinger
kann man nicht für eigentliche Fortsetzungen der langobardischen
Edicti ansehen; wofür eher die der Herzoge von Benevent gelten
können, welche aber nur in ihren Gebieten Geltung hatten. Wenn
nun bei der von den langobardischen Königen ausgeübten richterli-
chen Gewalt Fälle vorkommen, welche in dem Edictum nicht vor-
hergesehen waren, so wurde nach allgemeinen Rechtsbegriffen oder
nach Gewohnheit entschieden; solche Entscheidungen wurden, wie
Vesme glaubt, Notitiae genannt. Wie die langobardischen Könige in
solchen Fällen verfuhren, kann man daraus entnehmen, dass Liut-
prand in einer solchen Notitia sagt: Dies bestimmen wir, obwohl
es nicht unser Gesetz ist, für unsere Regierungszeit, mag nach un-
serm Tode der dann regierende Fürst thun, wie es ihm Gott ein-
geben oder wie er es nach seinem Gewissen für recht finden wird.
Eine andere Art von königlichen Entscheidungen waren solche,
welche von ihnen allein ohne Volksversammlungen ausgingen, und
die Gründe an, warum er dies Chronicon für älter hält als Beth-
mann, und beweist, dass diese älteste Geschichte der Longobardcn
unter Rotharis selbst verfasst worden sein dürfte.
Die den einzelnen Edicten vorgesetzten Inhalts-Anzeigen der
Capitel weichen in den verschiedenen Handschriften dergestalt von
einander ab, dass Vesme annimmt, dass sie von den Gesetzgebern
selbst nicht herrühren; doch hat er siebeibehalten, weil dergleichen
schon aus der Zeit vor Liutprand herrühren. Uebrigens ist in dem
Edict des Königs Rotharis die grösste Abweichung in der Zahl der
Capitel; die Handschriften von Vercelli, Cava und Ivrea haben
deren 371, mehrere dagegen 388 u. s. w. Vesme glaubt, dass ur-
sprünglich dem Edictum Rotharis keine Zahl den Capiteln vorgesetzt
worden, dass dies aber nicht lange nach ihm geschehen; denn der
St. Gallener Handschrift sind diese Zahlen von einer späteren Hand
beigefügt worden. Das Edictum Grimoald’s und Liutprand’s hat in
dieser Beziehung weniger Schwierigkeiten gemacht. Dagegen um
so mehr das des Königs Rachis. Ueber die Ursachen, aus denen
die Gesetze des Königs Aistulf in mehreren Handschriften der lan-
gobardischen Gesetze fehlen, führt Vesme mehrfache Gründe an.
Dankbar wird es aufgenommen werden, dass der gelehrte Herr
Herausgeber das Edictum Langobardicum mit mehreren Beilagen be-
reichert hat, welche zur Erläuterung der Geschichte der Langobarden
und der bald auf sie folgenden Zeit dienen. Diese sind:
1. Das Chronicon Gothanum nach der Ausgabe von Ritter.
2. Das Compendium des Paulus Diaconus.
3. Untersuchungen über die Giltigkeit einzelner Gesetze.
Vesme findet nemlich, dass die Art der Gesetzgebung bei den
Langobarden von der der andern Barbaren, der Salier, der Burgunder,
Westgothen u. s. w. bedeutend abwich; Rotharis hatte zuerst die lan-
gobardischen Gewohnheiten in Gesetzesform gebracht, die folgenden
Könige machten nun Zusätze zu dessen Edictum, zuerst Grimoald,
dann Liutprand, Rachis oder Aistulf; die Constitution der Carolinger
kann man nicht für eigentliche Fortsetzungen der langobardischen
Edicti ansehen; wofür eher die der Herzoge von Benevent gelten
können, welche aber nur in ihren Gebieten Geltung hatten. Wenn
nun bei der von den langobardischen Königen ausgeübten richterli-
chen Gewalt Fälle vorkommen, welche in dem Edictum nicht vor-
hergesehen waren, so wurde nach allgemeinen Rechtsbegriffen oder
nach Gewohnheit entschieden; solche Entscheidungen wurden, wie
Vesme glaubt, Notitiae genannt. Wie die langobardischen Könige in
solchen Fällen verfuhren, kann man daraus entnehmen, dass Liut-
prand in einer solchen Notitia sagt: Dies bestimmen wir, obwohl
es nicht unser Gesetz ist, für unsere Regierungszeit, mag nach un-
serm Tode der dann regierende Fürst thun, wie es ihm Gott ein-
geben oder wie er es nach seinem Gewissen für recht finden wird.
Eine andere Art von königlichen Entscheidungen waren solche,
welche von ihnen allein ohne Volksversammlungen ausgingen, und