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Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.

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sehr angesprochen und zu Danke verpflichtet finden, und wenn hier
in einigen wenigen Punkten noch einige Bedenken vorgetragen und
andere Erklärungen versucht werden, so geschieht dies nur mit dei-
ausdrücklichen freudigen Anerkennung, dass die Anregung hierzu
nur durch die Trefflichkeit der Arbeit Gaupp’s selbst gegeben
worden ist. Im Allgemeinen muss ich noch die Bemerkung voraus-
schicken, dass der gedruckte Text des chamavischen Weisthumes
zur Zeit nur erst auf zwei Handschriften (sog. Metzer und Navar-
resische Handschrift) beruht, und dieser Text mehrfach an unverkenn-
baren Unrichtigkeiten zu leiden scheint, wie dies sich bei der nach-
folgenden Darstellung im Einzelnen zeigen wird.
Betrachtet man, der Ordnung des chamavischen Weisthumes
folgend, zuerst die persönlichen und Standesverhältnisse, so finden
sich Cap. 4, 5 und 6 die gewöhnlichen Abstufungen: ingenui, lidi
und servi. Ihre Wehrgeld Verhältnisse sind genau in dem Verhält-
nisse von 4: 2: I mit 200, 100, 50 sol. bestimmt. Voran ste-
het aber diesen drei Standesklassen in Cap. 3 der homo Francus,
mit einem Wehrgelde von 600 solidi; hinter diesen drei Standes-
klassen stehen aber in Cap. 7 und 8 der Graf (comes) und der
königliche Sendbote (missus regis), jeder mit dreifachem Wehrgelde
nach seiner Nationalität oder seinem Geburtsstande („sicut sua na-
tiv itas est“)\ den Schluss macht in Cap. 9 der Wargengus,
dem gerade so, wie dem homo Francus, ausdrücklich ein Wehrgeld
von 600 sol. beigelegt wird. Sehr gut hat Gaupp ausgeführt, dass
in dem chamavischen Weisthume der homo Francus eine besondere
Klasse von Personen, im Gegensätze von Franci ingenui überhaupt,
bezeichnet. Auch mir ist nicht zweifelhaft, dass der homo Francus
hier dasselbe ist, was in der Lex Sal. der königliche antrustio ist.
Von diesem homo Francus wird nun in Cap. 3 gesagt: „Qui ho-
minem Francum occiderit, solidos 600 componat ad opus domini-
cum et pro fredo solidos ducentos componat.“ Ganz richtig hat
Gaupp bemerkt, dass hier eine grosse Abweichung von allen
übrigen Volksrechten vorkomme; denn während nach diesen das
angeborene oder durch den Treuverband erhöhte Wehrgeld eines
Mannes stets an dessen Verwandte fällt, so soll hier das ver-
dreifachte Wehrgeld (600 soL) an den königlichen Fiskus fallen.
Gaupp sucht nun diese Abweichung daraus zu erklären, dass
er erstlich die rechtliche Stellung des homo Francus nicht als
einen Geburtsstand, sondern bloss als eine persönliche durch die
Trusts begründete Sonderstellung auffasst, und sodann annimmt,
es zeige sich hier eine bereits so grosse Entwickelung der dienst-
herrlichen Gewalt, dass der Treumann sogar gleichsam aus seiner
Familie ausscheide, und daher nur noch dem König angehöre. Die-
selbe Grundidee findet Gaupp durch Cap. 9 bestätigt, worin von
dem 'Wargengus ebenfalls gesagt wird, dass sein, ebenfalls bestimmt
benanntes, Wehrgeld von 600 sol. an den königlichen Fiskus falle;
und hieraus schliesst sodann Gaupp weiter, dass dasselbe auch hin-
 
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