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Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.

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liehe Begünstigung der legitimen Kinder des Wargengus bei seiner
Erbschaft und seinem Wehrgelde eintrat, wie die Langobardenkönige
ausdrücklich die erstere bewilligten, kann bei dem Stillschweigen der
fränkischen Rechtsquellen nicht ermittelt werden. Erklärlich ist aber
sehr wohl, dass in späterer Zeit die Stellung der Waregangi im
königlichen Mundiburdiitm. oder Bannus missverstanden, und diesel-
ben für banniti, Verbannte, Geächtete, gehalten und mit dem Wargus
der L. Saliga Herold. 58^ zusammengeworfen werden konnten, wie
dies bei Du Gange s.v. wargus, warganei et waregangi aus Missver-
stand geschehen ist, weil mitunter die unter dem Namen waregangi
auch begriffenen Vagabunden für ihre Duldung (manere in banno)
an den Comes eine kleine Summe bezahlen mussten, welchen Ausdruck
man mit dem: „imBann, d. h.in der Acht sein“, verwechselte. (Vergl.
die Charta Udonis episcopi Tüll. a. 1069 bei Du Cange s. v.
arganeus: „Alienigenae, h. e. warganei, qui manserint in banno,w
dabunt comiti 4. denarios“) Da mir nun die hier auf der Grund-
lage des Edictum Rotharis und der Etymologie gegebene Be-
griffsbestimmung der wargengi die richtige zu sein scheint, und diese
eine Identität mit dem ingenuus in hoste geradezu ausschliesst, so
gelange ich zu dem endlichen Resultate, dass an dem Cap. 9 des
chamavischen Weisthumes eine Emendation vorzunehmen keine Ver-
anlassung gegeben ist; dass aber daraus, dass das Recht des könig-
lichen Fiskus auf Erhebung des Wehrgeldes eines 'Wargen-
gus, wovon in keiner anderen germanischen Rechtsquelle die Rede
und dessen Erwähnung im chamavischen Weisthume an sich schon
eine beispiellose Singularität ist, (denn auch das
Rotharis enthält nichts Aehnliches), nicht zu dem Schlüsse berech-
tigen kann, als wenn dasselbe Princip, nach welchem das Wehr-
geld des Wargengus allerdings wohl an den königlichen Fiskus fallen
konnte, auch für das Wehrgeld des homo Francus maassgebend sein
könnte, und daher Cap. 3 des chamavischen Weisthumes keiner
Emendation bedürfte.
Was die Tödtung eines Grafen (comes) insbesondere anbe-
langt, so ist die Sühne derselben mit dessen dreifachem Wehrgelde in
Cap. 7 davon abhängig gemacht, dass derselbe „in suo comitatu“
getödet worden ist; desgleichen findet sich bei der Tödtung des Missus
in Cap. 8 die Voraussetzung, dass sie stattfand: „quando in mis-
saticum directus fuerit.“ Unzweifelhaft ist letztere Stelle davon zu
verstehen, dass der Missus während der Dauer seiner (vorübergehen-
den) Function getödet worden sein muss, wenn er mit dreifachem
Wehrgeld gebiisst werden soll. Gaupp glaubt (Seite 60) auch in
Cap. 7 die angeführten Worte: „in suo comitatu occisus“ in ähnli-
cher Weise verstehen zu müssen, dass nämlich der Graf während
er im Amte ist, getödet worden sei. Ich sehe jedoch keinen Grund,
warum hier comitatus in dem jedenfalls ungewöhnlichen Sinne von
„Grafenamt“ genommen werden soll; denn da das Grafenamt
eine dauernde, lebenslängliche Function ist, so war gar keine Ver-,
 
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