Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gaüpp : Lex Francorum Chamavorum.

371

So verlockend es hiernach sein möchte, auch in den oben an-
geführten zwei Capitularien die Worte „adhramire sacramenta“
und „judicare sacramenta“ für gleichbedeutend zu nehmen, so glaube
ich doch nicht, dass dies die richtige Erklärung dieser Stellen sein
würde, indem die fränkische Recbtssprache gerade da, wo es auf
„wadium adhramire de sacramento“ ankommt, sehr scharf das ad-
hramire und iudicare unterscheidet, wie sich deutlich zeigt in Mar-
culf Form. Append. Nr. II. „Unde t.ale sacramento (sacramentum)
per suam fistucam visus est adhramire, et taliter ei fuit iudi-
catum, ut etc.“ Hier ist die Handlung der Parthei, welche das
Erscheinen zur Eidesleistung durch ihr 'Wadium gelobt, und die
Handlung des Gerichtes, welches hierauf erkennt, dass es dabei sein
Verbleiben haben, und also die Parthei schuldig sein solle, an
dem hiermit zugleich bestimmten Gerichtstage zu erscheinen und zu
schwören, ganz richtig unterschieden und aus einander gehalten.
Es wäre demnach also nur noch zu erklären, warum in den beiden
angeführten Capitularien, und zwar in dem einen nur allein „ad~
hramire sacramenta“, in dem andern nur allein „judicare sa-
cramenta“ steht? Die Erklärung, wie dies geschehen konnte, da
doch offenbar das „adhramire“ oder Geloben des Eides etwas an-
deres ist, als das „judicare“, d. h. die vom Gericht ausgehende Er-
klärung der Statthaftigkeit des angebotenen und angelobten
Eides, scheint mir aber sehr einfach darin zu liegen, dass dieses
„adhramire“ und „judicare“ sich in der gerichtlichen Verhandlung
regelmässig an demselben Orte, im Gerichte, unmittelbar zu
folgen pflegten, wie dies Marculf. Form. App. Nr. 2 und 5 deut-
lich zeigt. Da es nun in den beiden gedachten Capitularien nur
darauf ankam, eine gesetzliche Bestimmung darüber aufzustellen,
wo die vor dem k. Pfalzgerichte („in palatio“) adhramirten
und adjudicirten Eide ausgeschworen werden sollten, so genügte es
vollkommen, wenn das Gesetz auch nur allein die adhramirten
oder nur allein die adjudicirten Eide nannte; denn im ersten
Falle verstand sich von selbst, dass der adhramirte Eid auch adjudicirt,
d. h. vom Gerichte für zulässig erklärt sein musste, weil ausserdem
das Gericht es gar nicht bis zum Adhramiren würde haben kommen
lassen; und im zweiten Falle verstand sich von selbst, dass der
vom Gerichte förmlich adjudicirte Eid vorher adhramirt sein musste,
weil das Gericht ihn sonst nicht hätte förmlich adjudiciren, d. h.
nicht hätte erkennen können, dass es dabei sein Verbleiben haben
solle. Somit darf als ausgemacht betrachtet werden, dass „wadium
adhramire“ keine andere juristische Bedeutung (oder Hauptbedeu-
tung) hatte, noch haben konnte, als die ■von „cautionem spondere“
in dem bereits oben angegebenen Sinne.
Das „wadia de sacramento s. sacramenta adhramire s. promit-
tere“ einschlüssig der gerichtlichen Zulässigkeitserklärung des Eides,
„judicare sacramentum“, muss als ein Akt begriffen werden, welcher
der Auschwörung des Reinigungseides, dem „jurare“, sowohl in Civil-
 
Annotationen