404 Koch: Ueber die älteste Bevölkerung Oesterreichs und Bayerns.
land wie in Scandinavien feierte man das Frühlingsfest (Göttin
Ostra) durch Maipflanzen (piantar il maggio) und Austreiben des
Winters, welcher in der Gestalt einer alten Frau verfolgt wurde.
Man sang dabei:
„Nun treiben wir den Tod aus,
Den alten Weibern in das Haus.“
Auch die Araber hatten ein ähnliches Fest. S. des Gervasius
von Tilbury Otia imperialia, herausgegeben und erläutert von Lieb-
recht S. 183. — Das Johannes- oder Notfiir kommt sogar in den
Satzungen Karls d. G. vor, welcher es doch schwerlich von den
Kelten entlehnte. Die Synode von Liptinae (Lastines im Henne-
gau) vom Jahre 743 eifert bereits dawider. Ebensowenig fallen
die sympathetischen Heilkünste, wie der Verfasser S. 105 meint,
in den rein Keltischen Civilisationskreis; denn auch dagegen sprach
sich die erwähnte Kirchenversammlung bestimmt genug aus, ohne
an die längst verschollenen Gallier zu denken. Die erwähnten
Amulete (phylacteria) und Bannformeln (ligaturae) sollten theils
Krankheiten abhalten, theils vertreiben, ein Aberglaube, welcher
auch jetzt noch hier und da besteht. Kelten, Germanen und Römer
mochten ihn aus dem Orient verschleppt haben. (S. den Synodal-
beschluss in Ideler’s Urkundenbuch zum Eginhart p. 49 f.). — Noch
geringere Beziehung zu den Kelten als ursprünglichen Bewohnern
Kärnthens hat der steinerne Herzogsstuhl zu Karnburg (Karn
= Hügel), auf welchen der Verfasser hinweist (S. 103). Denn
wie viele marmorne oder steinerne Stühle gab es nicht ohne Rück-
sicht auf Kelten 1 — Der Thron Karls d. G. dachte wohl schwerlich
an sie und doch bestand er aus Marmelstein. Auch zwischen den
uralten Bauernfreiheiten in Kärnthen und dem priesterlich-adelig re-
gierten Galenthum springt kein innerer Zusammenhang hervor. Wenn
der Herzog zu Karnburg die Freiheiten des Landvolks beschwor
und dann erst von diesem Huldigung empfing, so weist das eher
auf Teutsche und selbst Slavische denn Keltenverhältnisse hin.
(S. die genaue Beschreibung der Feierlichkeit vor dem Bauernherzog
bei Johannes Victoriensis v. J. 1286 im ersten Band der Böhmerschen
fontes rerum Germanicarum p. 318.)
Die geschichtlichen Muthmassungen und Combinationen des Ver-
fassers treffen auch nicht immer ihr vorgestecktes Ziel. So wird
S. 49 mit Zeuss sehr zuversichtlich behauptet, aus Italien seien .
nicht Gälische Bojer im J. 192 v. C. über die Alpen an die Donau
gezogen, und dafür auch auf Mommsens Römische Geschichte ver- ■
wiesen. Bei diesem Gang vom Pontius zum Pilatus findet man
aber nichts; selbst die entscheidende Quellenstelle wird nach dem
„modernen“ Lehenstuhlbrauch nicht einmal erwähnt, viel weniger
benutzt. Sie lautet aber deutlich genug. „Die Römer, sagt Strabo
(V, 1 p. 344 Tauchnitz) vernichteten den Sennonen später ganz,
den Bojer aber vertrieben sie aus seinen Wohnsitzen. Er aber
wandelte in das Land an dem Ister und siedelte hier bei den Tau-
land wie in Scandinavien feierte man das Frühlingsfest (Göttin
Ostra) durch Maipflanzen (piantar il maggio) und Austreiben des
Winters, welcher in der Gestalt einer alten Frau verfolgt wurde.
Man sang dabei:
„Nun treiben wir den Tod aus,
Den alten Weibern in das Haus.“
Auch die Araber hatten ein ähnliches Fest. S. des Gervasius
von Tilbury Otia imperialia, herausgegeben und erläutert von Lieb-
recht S. 183. — Das Johannes- oder Notfiir kommt sogar in den
Satzungen Karls d. G. vor, welcher es doch schwerlich von den
Kelten entlehnte. Die Synode von Liptinae (Lastines im Henne-
gau) vom Jahre 743 eifert bereits dawider. Ebensowenig fallen
die sympathetischen Heilkünste, wie der Verfasser S. 105 meint,
in den rein Keltischen Civilisationskreis; denn auch dagegen sprach
sich die erwähnte Kirchenversammlung bestimmt genug aus, ohne
an die längst verschollenen Gallier zu denken. Die erwähnten
Amulete (phylacteria) und Bannformeln (ligaturae) sollten theils
Krankheiten abhalten, theils vertreiben, ein Aberglaube, welcher
auch jetzt noch hier und da besteht. Kelten, Germanen und Römer
mochten ihn aus dem Orient verschleppt haben. (S. den Synodal-
beschluss in Ideler’s Urkundenbuch zum Eginhart p. 49 f.). — Noch
geringere Beziehung zu den Kelten als ursprünglichen Bewohnern
Kärnthens hat der steinerne Herzogsstuhl zu Karnburg (Karn
= Hügel), auf welchen der Verfasser hinweist (S. 103). Denn
wie viele marmorne oder steinerne Stühle gab es nicht ohne Rück-
sicht auf Kelten 1 — Der Thron Karls d. G. dachte wohl schwerlich
an sie und doch bestand er aus Marmelstein. Auch zwischen den
uralten Bauernfreiheiten in Kärnthen und dem priesterlich-adelig re-
gierten Galenthum springt kein innerer Zusammenhang hervor. Wenn
der Herzog zu Karnburg die Freiheiten des Landvolks beschwor
und dann erst von diesem Huldigung empfing, so weist das eher
auf Teutsche und selbst Slavische denn Keltenverhältnisse hin.
(S. die genaue Beschreibung der Feierlichkeit vor dem Bauernherzog
bei Johannes Victoriensis v. J. 1286 im ersten Band der Böhmerschen
fontes rerum Germanicarum p. 318.)
Die geschichtlichen Muthmassungen und Combinationen des Ver-
fassers treffen auch nicht immer ihr vorgestecktes Ziel. So wird
S. 49 mit Zeuss sehr zuversichtlich behauptet, aus Italien seien .
nicht Gälische Bojer im J. 192 v. C. über die Alpen an die Donau
gezogen, und dafür auch auf Mommsens Römische Geschichte ver- ■
wiesen. Bei diesem Gang vom Pontius zum Pilatus findet man
aber nichts; selbst die entscheidende Quellenstelle wird nach dem
„modernen“ Lehenstuhlbrauch nicht einmal erwähnt, viel weniger
benutzt. Sie lautet aber deutlich genug. „Die Römer, sagt Strabo
(V, 1 p. 344 Tauchnitz) vernichteten den Sennonen später ganz,
den Bojer aber vertrieben sie aus seinen Wohnsitzen. Er aber
wandelte in das Land an dem Ister und siedelte hier bei den Tau-