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Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.

prozösses der Mobilien nach den fränkischen Rechtsquellen hier voran-
zustellen, indem erst nach deren genauerer Kenntniss ein Urtheil
über die Bedeutung von adhramirz in dem Titel de vestigio mi-
nando der Lex Saliga möglich ist. Ich gebe in dieser Darstellung
die Resultate wiederholter selbstständiger Prüfungen mit dem aus-
drücklichen Bemerken, dass hiernach auch die in meiner deutschen
Staats- und Rechtsgeschichte, 2. Aufl. Bd. II. Abthl. II. 1847. §. 102
enthaltene Darstellung des altgermanischen Vindicationsverfahrens
zu modifiziren ist.
Allerdings kam bei der Verfolgung geraubter und gestohlener
Sachen und überhaupt bei der Vindikation derselben, sowohl nach
der Natur der Sache, als nach dem ältesten und nach dem späteren
Rechte, vor Allem ein Ergreifen der Sache (eine manus injectio)
von Seite des Vindikanten vor, sowie er derselben ansichtig wurde.
Eine Andeutung hiervon liegt in dem Titel der Lex Saliga de
vestigio minando selbst, indem darin gesagt wird: „Si quis bovem
etc. fuerit consecutus“. Ein bestimmteres Zeugniss würde die
Leo,’ Eipuaria 33 (35) §. 1 enthalten („Si quis rem suam cogno-
verit, mittat manwn super eam“), wenn dieser Text buchstäblich
und überhaupt für richtig genommen werden dürfte, wogegen aber
sehr grosse Bedenken vorliegen, wie später gezeigt werden wird.
Ausdrücklich und unzweifelhaft erwähnen aber das Ergreifen der
Sache bei Einleitung eines Vindikationsprozesses die Rechtsquellen
desXIII. und XIV. Jahrhunderts unter der Bezeichnung „Anefang
Anfangsrecht, im S ch w ab e n s pi egel, Lassberg c. 317.
„sin gut anvangen“. (Vergl. über die gleichbedeutenden Ausdrücke:
„sein gut anfallen, es begreifen, sich der Habe un-
terwinden „meine St. u. R.Gesch. Bd. II. Abthl. II. 1847 §. 109.
Note 25 u. fl.). Auch findet man mitunter gewisse Förmlichkeiten
erwähnt, welche bei der Ergreifung der Sache zu beobachten sind,
wie z. B. das Fassen des Thieres mit einer Hand am Ohre und
das Setzen eines Fusses auf den Fuss des Thieres (Glosse zum
Sachsenspiegel II. 36 §. 2). Auch wird wohl erwähnt, dass
wo möglich, der Richter oder sein Büttel bei dem „Anfängen“
zugezogen werden soll (Schwabenspiegel, c. 317. „Mag er den
richter gehaben oder sinen boten, daz ist gut. mag er dez nüt,
er vellet ez ane däz an und füret es vor den richter.“). Endlich
findet sich auch namentlich in der Lex Saliga selbst mehrfach, dass
der Vindikant bei Einleitung des Vindicationsprozesses. d. h. bei
Verfolgung der Sache als einer gestohlenen vor Gericht, den An- ’
fang damit machen muss, dass er selbdritt behauptet, und
wenn der Gegner es läugnet, auch beschwört, dass die Sache
sein eigen war, bevor sie gestohlen wurde. In der Lex Saliga
tit. de filtortis (Herold 50. Emend 49. Merkel XLVII.) heisst dies
„mittere alterum in tertiam manum, und übereinstimmend im Titel
de charoena §. 2 (Herold u. Emend 64. Merkel LXI.) „desuper
hominem in tertia manu aliquid (s, quamlibet rem) mittere“f und
 
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