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Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.

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wird es in letzterer Stelle mit einer besonders schweren Strafe be-
droht (200 sol.), wenn der Kläger nach solcher Einleitung des Pro-
zesses die Sache dem Beklagten mit Gewalt (per virtutem) abnehmen
würde. Ausdrücklich übereinstimmend sagt noch der Sachsen-
spiegel II. 36. §. 7. „Selve dridde sal he sik dar to tien de’t
anevanget hevet,“ und Schwabenspiegel c. 57. . . bereit
(beredet) er selbe drite, daz ez sin was, do ez verstolen wart,
oder geroubet, man sol ez im wider geben“. Dieses selbdritte Be-
haupten des Eigenthumsrechtes an der Sache heisst in tertiäre.
Der Vindikant heisst: „Ule qui intertiavit“ (Capp. Childeb erti
ad Leg. Sal. add. c. 1. Pertz, Legg. 1L. S. 6): der Beklagte heisst:
„Ule super quem intertiatur“ (L. Ripuar 33. 35. §. 1.); die vin-
dicirte Sache selbst heisst: „res intertiata“ (L. Sal. tit. de filtortis
i. f.; Capp. Childeb erti 1. ad L. Sal. addita c. 1). — Auf
dieses intertiare, oder in tertiam manum mittere, d. h. das selb-
dritte Behaupten (und nach Umständen Beschwören) des Eigenthumes
durch den Kläger folgt sodann unmittelbar das adhramire des
Beklagten, wie diess die L. Sal. tit. de filtortis ausdrücklich, sehr
schön und scharf die beiden Akte unterscheidend, sagt („si quis . . .
quamlibet rem suam sub alterius potestate agnoverit, mittat eam
in tertiam manum, et Ule apud quem agnoscitur, debet adhra-
mire“). Durch dieses „adhramire“ wird nun der Beklagte „fil-
tortus“ des Klägers (Capp. Childeb erti I. citata c. 1.) was
J. Grimm sehr schön in der Vorrede zu Merkel’s Ausgabe der
L. Sal. S. VIII. aus dem Romanischen erklärt hat, als „Ver-
pflichteter durch ein Rechtsgeschäft (ein Gelöbniss), wobei als Symbol
ein Umwinden der Hände mit einem Faden (filum) Schnur u. s. w.
gebraucht zu werden pflegte“.
Was aber den Inhalt dieses „adhramire“, d. h. dieses gericht-
lichen Gelöbnisses, wodurch der gelobende Beklagte Filtortus wird,
im Vindicationsprozesse bildet, das zeigt ausführlich die Lex
Ripuaria 33. (35) §. 1. Durch dieses „adhramire“ gelobt nämlich
der Beklagte, der sich auf seinen Autor beziehen will, um sich
von dem Vorwurfe des Diebstahls zu reinigen, dass er auch wirk-
lich auf den wahren Autor sich beziehe, und diesen zu Gericht
stellen werde. Der Autor heisst nun aber ebendaselbst im Ver-
hältnisse zum Beklagten ebenfalls „tertia manus“, und die Erklä-
rung, den Autor stellen zu wollen, heisst „tertiam manum quärere“;
die wirkliche, eidliche oder feierlich gelobte Benennung des richtigen
Autors aber heisst „ad tertiam manum tradiere.“ Dass leicht Ver-
wechslungen und Missverständnisse bezüglich der „tertia manus“,
die der Kläger zum „intertiare“, cl. h. zur Begründung der
Klage nöthig hat, und jener „tertia manus“, deren der Beklagte
zu seiner Vertheidigung bedarf, und dass daher auch Ver-
wechslungen von „intertiare“ und „adhramire“ vorkommen mussten,
ist wohl zu erwarten. So z. B. zeigt sich deutlich, dass die Ver-
fertiger der erhaltenen Handschriften der Lex Ripuaria selbst
 
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