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Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins. 565
durch den After der Gebärenden vorgefallenen Armes unausführbar
gewesen wäre, hob das seltene Vorkommen von Scheidenrissen,
welche, ohne mit vollständiger Durehreissung des Mittelfleisches com-
plicirt zu sein, bis in den Mastdarm dringen, im Allgemeinen, das
ohne Zweifel noch viel seltenere von spontaner vollständiger Hei-
lung so ausgedehnter Verletzungen dieser Art insbesondere hervor
und sprach schliesslich seine üeberzeugung dahin aus, dass das
hauptsächlichste Moment, durch welches es der Natur, nach frucht-
los gebliebener Unterstützung von Seite der Kunst, ermöglicht wurde,
einen so grossen Schaden überhaupt und in so kurzer Zeit insbe-
sondere wieder gut zu machen, in der puerperalen Rückbildung der
Vagina gesucht werden müsse. —
Der zweite, gleichfalls auf der hiesigen Gebärklinik beobach-
tete, Fall ereignete sich bei einer 20 und etliche Jahre alten, ge-
sunden Erstgebärenden mit rhachitischem Becken, dessen Conjugata
auf geschätzt wurde. Der Kopf, in erster Hinterhauptslage
eingetreten, wurde im Beckeneingange eingeklemmt und, als die
Anschwellung desselben zunahm und die Kreissende, vorzüglich wäh-
rend jeder Wehe, über einen fixen Schmerz hinter der Schoossfuge
immer lautere Klagen erhob, ohne Zögern nicht ohne bedeutende
Mühe mit der Zange zu Tage gefördert. Das ausgetragene mit-
telgrosse Kind war während der Operation abgestorben und zeigte
am linken Seitenwandbeine einen ziemlich tiefen, vom Promontoriun
bewirkten Eindruck. Schon am nächsten Tage entwickelte sich an
den äusseren Schamtheilen unter Hinzutritt von Fiebererscheinungen
ein entzündliches, später stellenweise gangränescirendes Oedem, wel-
ches rasch so zunahm, dass es eine Untersuchung durch die Vagina
unzulässig machte. Zugleich trat Harnverhaltung ein, wesshalb der
Harn mit dem Katheter entleert werden musste, dessen Einführung
mit bedeutender Schmerzhaftigkeit, vorzüglich gegen den Harnbla-
senhals hin, verbunden war. Als die Geschwulst der äusseren Ge-
nitalien unter der Anwendung von erweichenden Umschlägen so
weit sich gemindert hatte, dass nun per vaginam, in welche fleissig
lauwarme Einspritzungen gemacht wurden, explorirt werden konnte,
und mittlerweile der Ausfluss aus den Geschlechtstheilen sehr reich-
lich geworden war, iiberdiess zuerst eine eiterförmige, dann eine
mehr jauchige Beschaffenheit mit sehr üblem Gerüche angenom-
men batte und kleine Partieen brandig zerstörten Gewebes mit ihm
ausgeführt wurden, entdeckte man am obersten Theile der vorderen
Wand der Vagina einen Brandschorf etwa von der Grösse eines
Silbersecbsers, nach dessen bald darauf erfolgter Abstossung der
Urin ununterbrochen durch die Scheide abfloss und die nun wieder
vorgenommene Untersuchung an dieser Stelle eine Scheiden-
Harnblasenhals-Fistel von solcher Umfänglichkeit ergab, dass
der Zeigefinger bequem durch dieselbe geführt werden konnte. Unter
von nun an angeordnetem Liegenlassen eines metallenen Katheters
in der Harnblase und fortgesetztem Gebrauche reinigender Injectio-
 
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