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Nr. 44. HEIDELBERGER 1857.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Dr. C. F. Alb. Koppen. Die Erbschaft, eine civilistische Ab-
handlung. Berlin 1856. 8. VIII. 167 S.
Der Verf. des genannten Werkes glaubt (S. 6), die ganze
Lehre von der Persönlichkeit der hereditas habe in den Quellen kei-
nen weiteren Anhalt, als jene, allerdings ziemlich zahlreichen Stel-
len, wo es heisst: hereditas personae vice fungitur. Und der Be-
weis dafür, dass es beim Antritte der Erbschaft, wann immer der-
selbe geschehen möge, so anzusehen sei, als wäre die Erbschaft
schon in dem Momente, wo der Erblasser starb, erworben, beschränke
sich auf den einigemal so oder ähnlich lautenden Ausspruch: qui
postea heres extitit, videtur ex mortis tempore defuncto successisse.
Zu einer klaren Einsicht über das wahre Wesen der hereditas
im römischen Rechte gelangen wir nur dann, wenn wir erkennen,
wie sich der eigentliiimliche Begriff derselben auf der Grundlage
des eigenthiimlichen civilen römischen Familienrechts entwickelt hat.
Die familia war zunächst der Inbegriff von Personen und Sachen
oder Vermögensstücken, die von einem paterfamilias beherrscht, durch
dessen Willen zu einer Einheit zusammengehalten wurden. Die fa-
milia machte sich aber auch als ein höherer darüber stehender Rechts-
begriff geltend. Sowohl das connubium, wie das commercium des
civis Romanus bestimmte sich durchaus nach der Stellung desselben
als einer sui juris oder alieno juri subjecta persona. Und in dem
connubium, in der Fähigkeit zu einer echten römischen Ehe, die die
Grundlage aller persönlichen Familienrechte war, und in dem com-
mercium, d. i. der Fähigkeit zu allen civilen Vermögensrechten, in
diesen beiden Seiten und Zweigen der familia konzentrirte sich die
gesammte bürgerliche Privatrechtsfähigkeit. In der familia, die und
wie sie der römische Bürger hatte, lag also seine ganze Privatrechts-
fähigkeit, seine Rechtspersönlichkeit. Beim Tode des paterfamilias soll
nun aber diese seine familia als hereditas auf einen neuen künftigen
herus, auf den heres übergehen. Freilich müssen die gerade auf die
Individualität des Verstorbenen gebauten Rechte, es müssen seine
persönlichen Rechte jetzt untergehen, und die familia defuncti schrumpft
daher auf ihre vermögensrechtliche Seite zusammen. Im Uebrigen
soll sie aber ganz die nämliche familia, die nämliche Person, die sie
bei Lebzeiten des Erblassers war, sein und bleiben und als solche
an dem Erben einen neuen Träger erhalten. Deshalb muss während
der hereditas jacens die ihres seitherigen Repräsentanten beraubte
familia defuncti, die erst einen neuen Vertreter erhalten soll, bis
zum Antritte der hereditas allerdings als eine juristische, d. h. als
eine nicht leibliche Person erscheinen. Die fingirte Persönlichkeit
L. Jahrg, 9. Heft. 44
 
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