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Nr. 51.

HEIDELBERGER

1857.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Der Begriff des gemeinen deutschen Privatrechts. Von Dr. Lud-
wig Rückert. Erlangen. Verlag von Ferdinand Enke. 1857.
IV. und 121 8. 8.
Die Grundidee des Verfassers ist diese: „das Recht ist zu-
nächst keine Sache der Ueberzeugung, d. h. des theoretischen
Geistes, sondern des Willens; oder anders ausgedrückt: Es
ist kein blosser Ideencomplex, sondern ein System
realer Triebe oder Bedürfnisse“ (S. 14. 36). — Dass das
Recht kein Mittel ist, eine Ueberzeugung zu erlangen, nemlich
dazu nicht bestimmt ist, kann hier zugegeben werden. So lange
es nicht bestritten ist, dass der Sitz des Rechts im menschlichen
Bewusstsein sei, folgt aber aus diesem Satze, dass das Recht einer
Ueberzeugung entspringt. Denn wenn das Bewusstsein das Ge-
biet der geistigen Thätigkeit des Menschen ist, diese Thätigkeit ent-
weder Erscheinungen gestaltet, oder von den Gestaltungen der
Erscheinungen gestaltet wird, so muss sie entweder mit unfer-
tigen Gestaltungen sich beschäftigen, oder von fertigen Gestaltungen
beschäftigt werden. Sie muss demnach auch, wenn die fertige Ge-
staltung die Ueberzeugung ist, da, wo sie keine Ueberzeugung zu
erlangen strebt, ihren Ursprung in einer Ueberzeugung nehmen.
Sofern sie nach Ueberzeugung strebt, ist sie theoretisch; und man
mag sie dann, mit dem Verf., den theoretischen Geist nennen. So-
fern sie aus Ueberzeugung entspringt, ist sie practisch. Es kann
aber diese practische Thätigkeit wiederum eine theoretische erzeu-
gen, wenn auf den Grund einer fertigen Ueberzeugungsgestaltung
eine andere gesucht wird. Es kann andererseits jene theoretische
Thätigkeit auf das Erzeugniss einer practischen Thätigkeit gerichtet
sein, wenn eine fertige Ueberzeugungsgestaltung gesucht wird. Im
letztem Falle wird, wenn wir uns zu einer Richtung auf eine Mehr-
gestaltung wenden, allerdings kein blosser Ideencomplex erzeugt,
aber es wird dessenungeachtet ein Ideencomplex gesucht. Nach dem
Verf. muss, wenn das Recht gesucht wird, ein „System realer Triebe
oder Bedürfnisse gesucht werden.“ Triebe oder Bedürfnisse sind Er-
zeugnisse eines Eindruckes oder Leidens. Das Suchen eines solchen Ge-
genstandes hat aber eine ganz andere Richtung, wenn es sich handelt,
um die Triebe oder Bedürfnisse des Suchenden, oder um die Triebe
oder Bedürfnisse anderer. Im erstem Falle geht es auf die Er-
zeugnisse des Leidens des Suchenden, welches seinen Willen be-
stimmt, und das Suchen zum Seiberbestimmen gestaltet, so lange
die gestaltende Thätigkeit ruht. Seiberbestimmung des Willens aber,
L. Jahrg. 11. Heft, 51
 
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