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Ziller: Einleitung in die allgemeine Pädagogik.
sammensetzungen der Begriffe weiter fortschreitet, ohne sie jedoch
zu erschöpfen oder erschöpfen zu können“ (§. 24).
Es ist nicht leicht aus der vorstehenden Inhaltsangabe ein Bild
von dem Plane zu entwerfen, nach welchem die Schrift gearbeitet
ist. Es scheint, dass sich mit der Auseinandersetzung über den Be-
griff der Erziehung (§. 1) die Erörterung über Möglichkeit, Noth-
wendigkeit und Zweck derselben (§. 19, 20, 23) am passendsten
verbunden haben würde, und dass jedenfalls die Einheit des letzte-
ren (§. 4) nicht früher zu besprechen gewesen wäre als dieser letz-
tere selbst. Hängen §. 1—3, 6—14, 16—21 unter sich wohl und
auf natürliche Weise zusammen, so erscheinen dagegen §. 4 und 5,
15, 22 als unmotivirte Einschaltungen. Man wird geneigt sein von
einer Einleitung in die allgemeine Pädagogik entweder eine vorläu-
fige Orientirung über die Wissenschaft selbst oder eine wissenschaft-
liche Erledigung der Vorfragen zu erwarten, welche den Zugang
derselben erschweren: im ersten Falle eine mehr populär gehaltene
Uebersicht über die Lehre der allgemeinen Pädagogik, über ihre
Beziehungen zu anderen Gedankenkreisen, zu den Verhältnissen des
wirklichen Lebens und über die Berührungen pädagogischer Thä-
tigkeiten mit Thätigkeiten von anderer Art; im andern Falle eine
Untersuchung über die Verhältnisse der Ueber , Unter- und Neben-
ordnung, in denen die Pädagogik zu andern Wissenschaften steht,
über den Ursprung der pädagogischen Hauptbegriffe aus der Ethik
und Psychologie, über die Voraussetzungen, welche der Begriff der
Erziehung einschliesst oder abweist, insbesondere die Freiheits-
lehre u. s. f. Der Verf. hat, wie es scheint, die Lösung beider
Aufgaben mit einander verbinden wollen und dadurch seiner Sache
geschadet.
Diess zeigt sich hauptsächlich an den psychologischen Ausein-
andersetzungen, die er §. 16 ff. gegeben hat, denn diese sind weder
populär noch ausführlich genug für den, der von Herbartischer Psy-
chologie noch wenig oder nichts weiss, sondern erst in dieses Ge-
biet eingeführt werden soll, sie sind aber auch zu sehr blosse Re-
lationen für feststehend geltende Lehren und zu wenig principiell
gehalten, als dass aus ihnen mit der nöthigen Klarheit hervorgeben
könnte, auf welche Weise sowohl die Theorie als die Praxis der
Pädagogik an jedem Punkte von den Gesetzen bis ins Kleinste ab-
hängig sind, von welchen das Seelenleben beherrscht wird. Es lässt
sich diess in der That auch nur einsehen, wenn man die Psycholo-
gie ganz und ungetheilt studirt. Was p. 38f. von dem Sitze der
Seele in der Varolsbrücke und von ihrer Beweglichkeit im Mittel-
gehirne gesagt wird, hätte am wenigsten in so doctrinärer Weise
vorgetragen werden dürfen als geschehen ist.
(Schluss folgt.)
Ziller: Einleitung in die allgemeine Pädagogik.
sammensetzungen der Begriffe weiter fortschreitet, ohne sie jedoch
zu erschöpfen oder erschöpfen zu können“ (§. 24).
Es ist nicht leicht aus der vorstehenden Inhaltsangabe ein Bild
von dem Plane zu entwerfen, nach welchem die Schrift gearbeitet
ist. Es scheint, dass sich mit der Auseinandersetzung über den Be-
griff der Erziehung (§. 1) die Erörterung über Möglichkeit, Noth-
wendigkeit und Zweck derselben (§. 19, 20, 23) am passendsten
verbunden haben würde, und dass jedenfalls die Einheit des letzte-
ren (§. 4) nicht früher zu besprechen gewesen wäre als dieser letz-
tere selbst. Hängen §. 1—3, 6—14, 16—21 unter sich wohl und
auf natürliche Weise zusammen, so erscheinen dagegen §. 4 und 5,
15, 22 als unmotivirte Einschaltungen. Man wird geneigt sein von
einer Einleitung in die allgemeine Pädagogik entweder eine vorläu-
fige Orientirung über die Wissenschaft selbst oder eine wissenschaft-
liche Erledigung der Vorfragen zu erwarten, welche den Zugang
derselben erschweren: im ersten Falle eine mehr populär gehaltene
Uebersicht über die Lehre der allgemeinen Pädagogik, über ihre
Beziehungen zu anderen Gedankenkreisen, zu den Verhältnissen des
wirklichen Lebens und über die Berührungen pädagogischer Thä-
tigkeiten mit Thätigkeiten von anderer Art; im andern Falle eine
Untersuchung über die Verhältnisse der Ueber , Unter- und Neben-
ordnung, in denen die Pädagogik zu andern Wissenschaften steht,
über den Ursprung der pädagogischen Hauptbegriffe aus der Ethik
und Psychologie, über die Voraussetzungen, welche der Begriff der
Erziehung einschliesst oder abweist, insbesondere die Freiheits-
lehre u. s. f. Der Verf. hat, wie es scheint, die Lösung beider
Aufgaben mit einander verbinden wollen und dadurch seiner Sache
geschadet.
Diess zeigt sich hauptsächlich an den psychologischen Ausein-
andersetzungen, die er §. 16 ff. gegeben hat, denn diese sind weder
populär noch ausführlich genug für den, der von Herbartischer Psy-
chologie noch wenig oder nichts weiss, sondern erst in dieses Ge-
biet eingeführt werden soll, sie sind aber auch zu sehr blosse Re-
lationen für feststehend geltende Lehren und zu wenig principiell
gehalten, als dass aus ihnen mit der nöthigen Klarheit hervorgeben
könnte, auf welche Weise sowohl die Theorie als die Praxis der
Pädagogik an jedem Punkte von den Gesetzen bis ins Kleinste ab-
hängig sind, von welchen das Seelenleben beherrscht wird. Es lässt
sich diess in der That auch nur einsehen, wenn man die Psycholo-
gie ganz und ungetheilt studirt. Was p. 38f. von dem Sitze der
Seele in der Varolsbrücke und von ihrer Beweglichkeit im Mittel-
gehirne gesagt wird, hätte am wenigsten in so doctrinärer Weise
vorgetragen werden dürfen als geschehen ist.
(Schluss folgt.)