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882

Stintzing Ulrich Zasius.

immer glauben, die eigene Partei dadurch zu heben, dass man alle
bedeutenden Erscheinungen der Zeit für sich in Anspruch nimmt,
wobei man gar wenig auf die eigentliche Wirklichkeit eingeht.“ Dieses
nur nebenbei. Weniger können wir dem Verfasser dasjenige ver-
geben, was er in gewohnter Parteiansicht von der scholastischen
Methode anführt, worüber er andersdenkende z. B. Möhler nicht
gelesen zu haben scheint; auch nicht dasjenige, was er so gele-
gentlich von Nominalisten und Realisten spricht S. 13. Dann sind
manche Räsonements, die gewöhnlich von jüngern Männern ausgehen,
sehr ungegründet: Zasius habe mit Wimpfeling nicht eingehen
wollen, weil sie im verschiedenen Alter gewesen seien S. 27. Wo-
her weiss H. St. dieses? hat er uns nicht selbst gezeigt, dass Za-
sius in dem spätesten Alter unendlich freundlich mit den jüngsten
Männern, seinen Zuhörern war u. s. w. Doch auch genug hievon.
Dem Verfasser als Romanisten ist es geglückt, den Standpunkt an-
zugeben, in welchem Zasius die Exegese des römischen Rechts so-
wohl im mündlichen wie im schriftlichen Vortrag behandelt hat, und
dieser Theil seines Buches mit Rücksicht auf die angeführten Schrif-
ten ist der gelungenste. Allein zwei andere Standpunkte hat er
vernachlässigt: nachzuweisen, was Zasius in tbeologisch-canonisti-
scher Hinsicht gethan hat. Man sieht aus den von Riegger edir-
ten Briefen pag. 169, wie sehr Zasius sich hier interessirte. „Mir
sind die juristischen Studien zum Eckel, die theologischen sind es,
die mich erfreuen.“ Dabei hätte der Verfasser selbst nach den Er-
scheinungen unserer eigenen Zeit wohl bemerken können, wie
die grössten Geister, z. B. Erasmus und Zasius, von der Stim-
mung des aufgereizten Volkes abhängig wurden, und beide sich
scheuten, die Grundsätze ihres Studiums offen vorzutragen. Za-
sius sagt dieses selbst, indem er deshalb den Erasmus tadelt. So-
dann, wie konnte der Verfasser dieser Schrift S. 96, 97 sagen: der
schleppende und unsichere Gang der Prozesse, sei ein Uebelstand
des canonischen Rechts: das schlechte Verhältniss jener Zeit gehöre
dem canonischen Recht, und zum grösseren Theil den damaligen
Vertretern der Rechtswissenschaft. Wenn wir auch den letzten Satz
gut heissen, wie kann der Verfasser ohne alle nähere Nachweisung
vom canonischen Recht, also von diesem wohlgeordneten Recht so
sprechen? Es ist die Zeit nicht, dieses hier weiter auszuführen;
aber bedauern müssen wir, dass unsere jüngeren Rechtsgelehrten das
canonische Recht gänzlich vernachlässigen und während sie vom
Ausgange des Mittelalters schreiben, auf die Hauptquelle des mittel-
alterischen Rechts in ihrem Studium gar keine Rücksicht nehmen. Wei-
ter war nacbzuweisen, dass Zasius nicht minder der Vater des jetzt
geltenden germanischen Rechts theils durch seine Bearbeitung des
Freiburger Stadtrechts, theils durch den Einfluss geworden ist, wel-
chen er auf seine Zuhörer z. B. Fiscbard hatte. Dieses Thema
hätte in der Schrift unsers Verf. näher entwickelt werden sollen,
z. B. die Lehre von den Verträgen, auf die schon Andere nament-
 
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