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46 Berkeley über die Principien d. Erkenntniss von Ueberweg.

Berkeley’s Principien der menschlichen Erkenntniss
von dem durch seine Logik und Geschichte der Philosophie in den
weitesten Kreisen rühmlichst bekannten Herrn Dr. Ueberweg
enthält., Die Dialoge zwischen Hy las und Philonous,
welche das Berkeley’sche System mehr in populärer Form behan-
deln, wurden im vorigen Jahrhundert zweimal in deutscher Ueber-
setzung herausgegeben. Von dem gegenwärtigen, wissenschaftlichsten
Werke des berühmten Denkers ist bis jetzt noch keine deutsche
Uebersetzung verfasst worden. Um so verdienstlicher ist dieses
Unternehmen, besonders aus der Hand eines so genauen und gründ-
lichen Kenners der Geschichte der Philosophie. Berkeley’s ab-
soluter Immaterialismus ist zu genau bekannt, als dass wir es für
nöthig fänden, uns über seine philosophische Methode und die
Schwächen seines Systemes hier auszusprecheu. Gerade in unserer
Zeit bietet dieses Werk ein besonderes Interesse, wo der Materia-
lismus mit zu den Strömungen des Tages gehört. Berkeley’s
System hat selbst jetzt noch in England Anhänger. Zu diesen
gehören Collyns Simon und Fraser in Edinburg, welcher
eine neue Gesammtausgabe der B er keley ’ sehen Werke ange-
kündigt hat.
Gewiss werden wir dem gelehrten und scharfsinnigen Erklärer
Berkeley’s beistimmen, dass dessen Schriften in hohem Grade
zu eigenem Denken anregen, dass Berkeley von den durch Ueber-
lieferung fixirten allgemeinen philosophischen Begriffen auf ihre
Grundlage, die concreten Anschauungen zurückgebt. „Ich kenne,
sagt der Herr Uebersetzer in der Einleitung (S. VII), unter den
Schriften neuerer Philosophen kaum irgend welche, die so frei von
ungeprüfter Hinnahme traditioneller Abstractionen, so selbstständig
und kühn im Neubau, so mustergültig in der Darstellung und
durch eben diese Vorzüge insbesondere zur ersten Einführung in
die philosophische Forschung so geeignet wären, wie die Medita-
tionen des Descartes und die Erkenntnissprincipien unseres
Berkeley.“
Was die Behandlungsart des philosophischen Stoffes durch
Berkeley betrifft, so möchte Refer., auch abgesehen von den
Paradoxieen desselben, welchen der Herr Uebersetzer eben so wenig
beistimmt, auf zwei Mängel aufmerksam machen, welche man mit
Recht als solche bei einem Philosophen der Neuzeit zu rügen hat.
Für das Erste wiederholt Berkeley gewisse Gedanken zu oft.
So lesen wir z. B., dass die Dinge nur unsere Perceptionen sind,
von dem Augenblick an, wo er durch seine Entwicklung auf diesen
Gedanken gekommen ist, fast auf jedem Blatte. Dann aber schim-
mert überall zu sehr der Theologe durch und man erkennt deut-
lich, dass Berkeley seine Behauptung: Die Materie ist nur eine
Perception des Geistes als Theologe der materialistischen Behaup-
tung: Nichts hat Realität, als die Materie — entgegenstellt. So
spricht er S. 70 von der „Materie oder körperlichen Substanz als
 
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