Ur. 19. HEIDELBERGER 1870.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Polnischer Nachlass des hannoverschen Staats- und Cabinets-Ministers
L. von Ompteda. Aus den Jahren 1804—1813. Veröffentlicht
von F. v. Ompteda. II, Abth. 2. 3. III. Abth. 4. 5. Jena,
Frommann. 1869.
Die Herausgabe des Ompteda’schen Nachlasses hat durch den
Tod des verdienstvollen Herausgebers keine Unterbrechung erlitten;
Herr Regierungsrath von Ompteda hat noch die letzten Lebens-
kräfte auf den druckreifen Abschluss des Manuscriptes verwenden
können, welches von der Verlagshandlung unverändert, wie es vor-
gefunden wurde, veröffentlicht worden ist, und nun in zwei weite-
ren Bänden (Abth. II. III.) vor dem Publikum liegt. Mit dem
Gegenstand steigt das Interesse der hier veröffentlichten Correspon-
denzen: behandelu sie doch die nächsten Vorbereitungen zu dem
Entscheidungskampf gegen Napoleon, und den Befreiungskrieg sel-
ber; bieten sie doch auch nach den so werthvollen Mittheilungen
Bernhardts aus Toll’s Nachlass des Neuen und Beachtungswerthen
Vieles, ja man darf sagen, gestalten sie doch über einige entschei-
dende diplomatische Aktionen, z. B. über die Unterhandlung Scharn-
horst’s in Wien, von der man bisher so gut wie Nichts wusste,
über das Verhältniss Preussens zu Oesterreich beim Beginn des
russischen Feldzugs, das Urtheil vollkommen um. Schon lange in
alle Geheimnisse der Auti-Napoleonischen Politik eingeweiht, er-
hielt Ompteda im Sommer 1811 eine förmliche Vertrauensmission
seitens der englischen Regierung. Am 22. Juni 1811 als der han-
növer’sche Diplomat in seinem Garten zu Dresden gerade den Wein
beschnitt, wurde ein fremder Kaufmann gemeldet, der sich jedoch
bald als ein vertrauter Kurier des Grafen Hardenberg in Wien zu
erkennen gab. Er überbrachte im Namen des Prinzregenten die an
Ompteda erlassene Ordre vom 27. März, welche den Umweg durch
das atlantische und mittelländische Meer gemacht hatte , des In-
halts, dass er sich nach Berlin zu begeben habe, um so viel thun-
lich auf die Entschliessungen Preussens in der schwebenden Krisis
einzuwirken, und dem preussischen Kabinet die Wichtigkeit eines
Concerts zwischen Oesterreich, Russland, Preussen einer- und Eng-
land anderer Seits fühlbar zu machen. Mit einer ähnlichen Ver-
trauensmission für den Wiener Hof war Graf Hardenberg beauf-
tragt worden. Der durch die Aufträge des Prinzregenten veran-
lasste Briefwechsel mit Graf Münster in London und mit Graf
Hardenberg in Wien bildet daher vom Juni 1811 an vorzugsweise
den Stoff für das Ompteda’sche Urkundenwerk; doch bietet er nicht
LXIII. Jahrg. 4. Heft. 19
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Polnischer Nachlass des hannoverschen Staats- und Cabinets-Ministers
L. von Ompteda. Aus den Jahren 1804—1813. Veröffentlicht
von F. v. Ompteda. II, Abth. 2. 3. III. Abth. 4. 5. Jena,
Frommann. 1869.
Die Herausgabe des Ompteda’schen Nachlasses hat durch den
Tod des verdienstvollen Herausgebers keine Unterbrechung erlitten;
Herr Regierungsrath von Ompteda hat noch die letzten Lebens-
kräfte auf den druckreifen Abschluss des Manuscriptes verwenden
können, welches von der Verlagshandlung unverändert, wie es vor-
gefunden wurde, veröffentlicht worden ist, und nun in zwei weite-
ren Bänden (Abth. II. III.) vor dem Publikum liegt. Mit dem
Gegenstand steigt das Interesse der hier veröffentlichten Correspon-
denzen: behandelu sie doch die nächsten Vorbereitungen zu dem
Entscheidungskampf gegen Napoleon, und den Befreiungskrieg sel-
ber; bieten sie doch auch nach den so werthvollen Mittheilungen
Bernhardts aus Toll’s Nachlass des Neuen und Beachtungswerthen
Vieles, ja man darf sagen, gestalten sie doch über einige entschei-
dende diplomatische Aktionen, z. B. über die Unterhandlung Scharn-
horst’s in Wien, von der man bisher so gut wie Nichts wusste,
über das Verhältniss Preussens zu Oesterreich beim Beginn des
russischen Feldzugs, das Urtheil vollkommen um. Schon lange in
alle Geheimnisse der Auti-Napoleonischen Politik eingeweiht, er-
hielt Ompteda im Sommer 1811 eine förmliche Vertrauensmission
seitens der englischen Regierung. Am 22. Juni 1811 als der han-
növer’sche Diplomat in seinem Garten zu Dresden gerade den Wein
beschnitt, wurde ein fremder Kaufmann gemeldet, der sich jedoch
bald als ein vertrauter Kurier des Grafen Hardenberg in Wien zu
erkennen gab. Er überbrachte im Namen des Prinzregenten die an
Ompteda erlassene Ordre vom 27. März, welche den Umweg durch
das atlantische und mittelländische Meer gemacht hatte , des In-
halts, dass er sich nach Berlin zu begeben habe, um so viel thun-
lich auf die Entschliessungen Preussens in der schwebenden Krisis
einzuwirken, und dem preussischen Kabinet die Wichtigkeit eines
Concerts zwischen Oesterreich, Russland, Preussen einer- und Eng-
land anderer Seits fühlbar zu machen. Mit einer ähnlichen Ver-
trauensmission für den Wiener Hof war Graf Hardenberg beauf-
tragt worden. Der durch die Aufträge des Prinzregenten veran-
lasste Briefwechsel mit Graf Münster in London und mit Graf
Hardenberg in Wien bildet daher vom Juni 1811 an vorzugsweise
den Stoff für das Ompteda’sche Urkundenwerk; doch bietet er nicht
LXIII. Jahrg. 4. Heft. 19