Νγ· 11· HEIDELBERGER 1870.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
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Rainardo e Lesengrino per cura di E. T ez a. Pisa 1869. 77 SS.
Diesen sehr interessanten Beitrag zur Thiersage glaubt Ref.
um so mehr anzeigen zu müssen als derselbe, weil auf Kosten des
Verf. gedruckt, nicht allen Facbgenossen zugänglich sein möchte.
Im cod. Bodl, canon. Ital. XLVIII, einer Handschrift des XIV.
Jahrhunderts findet sich ein italienisch-französischer Text einer
Branche aus der Renartsage von 814 kurzen und paarweise ge-
reimten Zeilen. Oder vielmehr zweier Branchen; denn die zwei
hier vereinigten Geschichten werden sonst jede für sich erzählt.
Die erste ist die wichtigste in der Sammlung, die man nach den
Handschriften den roman de Renart zu nennen pflegt, die XX.,
das Gericht des Löwen über Renart, der vom Wolfe wegen Ehe-
bruchs, vom Hahne wegen Mordes angeklagt wird. Aber nicht nur
ist im Rainardo die ganze Erzählung bedeutend abgekürzt (es feh-
len namentlich die Botschaften des Bären und Katers); sondern
auch der Schluss ist verändert, indem der Fuchs freigesprochen
wird. Dabei ist namentlich merkwürdig seine Vertheidigung wegen
des an der Henne verübten Mordes. V. 355 sagt er vom Hahne,
seine Klage dürfe nicht gehört werden : Che i no e de nostra reli-
gion. Nu semo bestie et el osello. El sa volar e ben e bello.
An die Bedingung dieser Freisprechung, dass Renart fortan
Friede halte, knüpft sich die andere Branche, etwa von 402 an.
Ihr Inhalt findet sich bis jetzt nur in einem Mscr. einer Prosa-
chronik des XIII. Jahrhunderts, woraus die Stelle in der altfran-
zöschen Chrestomathie von Bartsch Sp. 321 fg. abgedruckt ist. Im
einzelnen und namentlich in den Namen weicht die Chronik ab
von unserem Gedichte. In diesem wird erzählt, dass Raynaldo
(dies die Namensform für Renart, obschon letztere häufig durch
den Reim bestätigt wird) der Ziege als seiner Frau Gevatterin
seine Noth um künftigen Unterhalt klagt. Sie verabreden sich ein
Feld zusammen zu bestellen. Die Ziege stiehlt das Satkorn ihrem
Herrn, wobei Raynaldo sich sehr feig benimmt. Sie zieht R. der
sich in ihren Schwanz festbeisst als Pflugschar hinter sich her.
Die Sat geht auf, die Ziege frisst das junge Grün. R. will nun das
Korn für sich, und die Ziege soll nur das Stroh und die Spreu
haben. Sie verabreden sich auf den nächsten Tag gerichtlich zu
verhandeln. R. holt Lesengrino zu hilfe, die Ziege aber die Hunde
Bonaprexa und Fortinello (welche sie gesäugt hat). Als Raynaldo
und Lesengrino (letzterer als pelegrino 700) sich nahen, merkt R.
die versteckten Hunde und bleibt zurück. Lesengrino stürzt sich
LXIIL Jahrg. 3. Heft. 11
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
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Rainardo e Lesengrino per cura di E. T ez a. Pisa 1869. 77 SS.
Diesen sehr interessanten Beitrag zur Thiersage glaubt Ref.
um so mehr anzeigen zu müssen als derselbe, weil auf Kosten des
Verf. gedruckt, nicht allen Facbgenossen zugänglich sein möchte.
Im cod. Bodl, canon. Ital. XLVIII, einer Handschrift des XIV.
Jahrhunderts findet sich ein italienisch-französischer Text einer
Branche aus der Renartsage von 814 kurzen und paarweise ge-
reimten Zeilen. Oder vielmehr zweier Branchen; denn die zwei
hier vereinigten Geschichten werden sonst jede für sich erzählt.
Die erste ist die wichtigste in der Sammlung, die man nach den
Handschriften den roman de Renart zu nennen pflegt, die XX.,
das Gericht des Löwen über Renart, der vom Wolfe wegen Ehe-
bruchs, vom Hahne wegen Mordes angeklagt wird. Aber nicht nur
ist im Rainardo die ganze Erzählung bedeutend abgekürzt (es feh-
len namentlich die Botschaften des Bären und Katers); sondern
auch der Schluss ist verändert, indem der Fuchs freigesprochen
wird. Dabei ist namentlich merkwürdig seine Vertheidigung wegen
des an der Henne verübten Mordes. V. 355 sagt er vom Hahne,
seine Klage dürfe nicht gehört werden : Che i no e de nostra reli-
gion. Nu semo bestie et el osello. El sa volar e ben e bello.
An die Bedingung dieser Freisprechung, dass Renart fortan
Friede halte, knüpft sich die andere Branche, etwa von 402 an.
Ihr Inhalt findet sich bis jetzt nur in einem Mscr. einer Prosa-
chronik des XIII. Jahrhunderts, woraus die Stelle in der altfran-
zöschen Chrestomathie von Bartsch Sp. 321 fg. abgedruckt ist. Im
einzelnen und namentlich in den Namen weicht die Chronik ab
von unserem Gedichte. In diesem wird erzählt, dass Raynaldo
(dies die Namensform für Renart, obschon letztere häufig durch
den Reim bestätigt wird) der Ziege als seiner Frau Gevatterin
seine Noth um künftigen Unterhalt klagt. Sie verabreden sich ein
Feld zusammen zu bestellen. Die Ziege stiehlt das Satkorn ihrem
Herrn, wobei Raynaldo sich sehr feig benimmt. Sie zieht R. der
sich in ihren Schwanz festbeisst als Pflugschar hinter sich her.
Die Sat geht auf, die Ziege frisst das junge Grün. R. will nun das
Korn für sich, und die Ziege soll nur das Stroh und die Spreu
haben. Sie verabreden sich auf den nächsten Tag gerichtlich zu
verhandeln. R. holt Lesengrino zu hilfe, die Ziege aber die Hunde
Bonaprexa und Fortinello (welche sie gesäugt hat). Als Raynaldo
und Lesengrino (letzterer als pelegrino 700) sich nahen, merkt R.
die versteckten Hunde und bleibt zurück. Lesengrino stürzt sich
LXIIL Jahrg. 3. Heft. 11