Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
210

Hüffer: Die Politik der deutschen Mächte.

grossen Allianz, welche ihn zu vertheidigen hatte, Oesterreich trotz
aller Vertragspflichten die polnischen Wünsche Preussens zu kreu-
zen sachte«, als unerwiesen zurück, und da Sybel hieran die
Aeusserung knüpft: »Dieses Widerstreben würde es Preussen zu
einer selbstmörderischen Handlung gemacht haben, Oesterreich zu
entscheidenden Triumphen über Frankreich zu verhelfen«, d. h. am
Kriege ferner Theil zu nehmen, so beruft sich Hüffer äusser seiner
Auseinandersetzung auf Waitz, der Sybels Auffassung als eine
»fast naive« bezeichnet, und auf Herrmann (Correspondenzen der
Revolutionszeit) der sagt: »Preussen und Russland beeilten sich,
die neue Theilung durch einen förmlichen Tractat zu einer un-
widerruflichen zu machen, ohne Oesterreich, welches keinesweges
auf den Anspruch verzichtet hatte, an der Art der Ausführung des
von ihm erst im Allgemeinen genehmigten Planes sich zu betbei-
ligen, nur die geringste Kenntniss davon zugehen zu lassen.« Nach
Haugwitz und Cobenzl hatte Oesterreich seine Einwilligung zur
Theilung im Allgemeinen gegeben, aber verlangt, dass ihm Preussen
und Russland dafür den baierisch belgischen Tausch garantiren.
Da Preussen diese Garantie nicht geben wollte, so erfolgte
Oesterreichs Ausschluss von der Theilung, so wie auch, dass
es bei den Verhandlungen mit Russland gar nicht zugezogen
wurde. Wie hieraus zu ersehen, war es Preussen, welches die
Absichten Oesterreichs durchkreuzte, nicht aber, wie Sybel
vorgibt, durchkreuzte Oesterreich die preussischen auf die Theilung.
Diese Verdrehung diente demselben, um daraus eine Brücke zum
Basler Frieden für Preussen zu zimmern. Diese schwebt aber in
der Luft, denn wo sind die zum Unterbau dienenden Beweise vom
Durchkreuzen der preussischen Theilungspläne gegeben, und dann:
stand dies in Oesterreichs Macht, nachdem Preussen und Russland
sich geeingt hatten? Weil Oesterreich geschehen lassen musste,
was es schlechterdings zu verhindern äusser Stand war, darum
ist selbst der Versuch zu letzterem undenkbar. Uebrigens hat das
zwischen den beiden deutschen Mächten entstandene Zerwürfniss
die Tragweite, welche H. v. Sybel ihm gibt, ebensowenig gehabt,
als es wahr ist, dase Oesterreich von den Aussichten zu Erwer-
bungen in Polen oder in der Türkei sich bestimmen liess, Belgien
den Franzosen Preis zu geben und den Rhein unbesebützt zu lassen.
In Beziehung auf Polen müssen wir aber auch H. Hüffer ent-
gegentreten. S. 31 sagt er: »Keinesweges batte ich die öster-
reichische Politik in Polen gerechtfertigt und leider sagen müssen,
was Gesinnungen angeht, habe keiner der beiden
deutschen Staaten vor dem andern etwas voraus.« Er-
streckt sich dieses Urtheil auf die leitenden Grundsätze der Politik
des Kaisers Franz im Allgemeinen, so genügt zur Widerlegung eine
einzige Thatsache. Preussen schloss in seinem Interesse den Basler
Frieden mit Frankreich und gab damit die deutsche Sache auf,
während Oesterreich für sie den Krieg noch jahrelang, auf sich
 
Annotationen