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Verhandlungen dee naturhistoriach-medizinischen Vereine.

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Vor trag desProf. H. Alex. Pagen Stecher: »Ueber einen
Ausflug nach Spanien« am 13. Mai 1870.
(Das Manuscript wurde sofort eingereicht.)
Von meiner ersten spanischen Reise aus dem Jahre 1865 und
namentlich von meinem damaligen Besuche auf dei' Insel Mallorka
habe ich in einer kleinen Schrift eine Schilderung gegeben. Eine
zweite, im Jahre 1867, beschränkte sich durch besondre Umstände
ganz und gar auf einen Aufenthalt auf jener Insel, da sie doch
grade eine grössere Ausdehnung hätte erfahren sollen. Ich kann
einiges, was ich damals gesehen, in die Beschreibung dieses dritten
Ausfluges aufnehmen, welcher mich im Frühjahre 1870 in einer
allerdings kurz bemessenen Zeit äusser nach Mallorka zu den schön-
sten Punkten des spanischen Festlands führte. Indem ich die be-
sondern zoologischen Mittheilungen über Mallorka für eine andere
Gelegenheit aufsparen muss, beabsichtige ich hier nur eine touri-
stische Schilderung dieser Reise zu geben. Ich darf auch dafür
eine billige Aufnahme erwarten. Ist uns doch Spanien bei dem
erhöhten Interesse, welche es grade jetzt erregt durch den nach
so vielen Missgeschicken wiederholten Versuch, in eine neue Bahn
des Staatslebens einzulenken, fast in allen Stücken äusserst fremd,
so dass uns seine Züge, wenn wir sie auch mit besondrer Vorliebe
poetisch zu verklären pflegen, meist nur sehr unbestimmt vor Augen
stehen.
Meine Reise bis Barcelona hatte kein besonderes Interesse.
Ich verliess Heidelberg in der Nacht vom 9. auf den 10. März,
ging über Basel und Genf, war am 10. spät Abends in Lyon, über-
nachtete dort und langte am 11. Abends in Narbonne an. In der
Schweiz lag der Schnee manchmal noch bis in die Thäler hinab,
das Hochgebirge war verhüllt, aber die Voralpen und der Genfer
See hell genug. In den wohlbekannten Landschaften des südlichen
Frankreichs, Avignon, Tarascon, Nimes, Cette, die im Fluge an
uns vorbeizogen, schimmerte die weisse Blüthe der Mandeln und
die rothe der Pfirsiche, aber darüber blies ein strenger, kalter
Mistral. Die Reisegesellschaft war bis Cette eine ziemlich gleich-
gültige, zahlreich in der Schweiz von reisenden Kaufleuten, welche
die Gasthöfe und Kaufläden für den sommerlichen Verkehr wieder
zu versorgen bemüht waren, Studenten, welche in die Ferien reisten,
Stellen suchenden Gouvernanten, Pensionären, und was sonst in
dieser Zeit mehr zum Geschäfte, als zum Vergnügen zu reisen
pflegt; zahlreich auch von Lyon bis Tarascon durch den Strom
der grossen Familien, welche das Frühjahr in Italien oder Nizza
und Mentone zuzubringen wünschen; von dort ab spärlich, wo
dann der Eine mehr vom Andern Notiz nimmt. Da war nament-
lich ein etwas ärmlich aussehender älterer halb geistlicher Herr,
der vor Jahren bei Fliedner in Kaiserwerth ausgebildet, im Dienste
 
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