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Historische Vierteljahrsschrift — Leipzig, Dresden: von Baensch-Stiftung, Band 4.1901

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Kritiken
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https://doi.org/10.11588/diglit.60746#0253
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Kritiken. 239

anderen durch seine Unparteilichkeit und Wahrheitsliebe überlegen.
Mit Krusch ist Schnürer der Meinung, dass seine Chronik mit dem
Jahre 642 abbricht.

C endlich sei ein offener Parteigänger des Hausmeiers Grimoald
und, wie schon gesagt, ein begeisterter Bewunderer der karolingischen
Familie; er scheut sich ebensowenig wie A, die Thatsachen im Licht
seiner persönlichen Vorliebe erscheinen zu lassen; übrigens muss man
erkennen, dass er eine gute Kenntnis von den Begebenheiten seiner
Zeit besitzt.

Es folgt ein Anhang, in welchem dem Ursprung des Namens
Fredegar mit grosser Akribie nachgegangen wird. Wie bekannt,
erscheint der Name zuerst bei Scaliger a. 1598; nach Schnürer ist
er einem Irrtume Goldasts zu verdanken, der denselben aus einem
fehlerhaften Passus der Chronik selbst herausgelesen hatte, sein Ver-
sehen später erkannte, aber nicht mehr eingestehen oder irgendwie
gut machen wollte.

Diese kurze Uebersicht der inhaltsvollen Schrift wäre jedoch nicht
genügend, wenn ich nicht noch hervorhübe, dass S. 168 — 206 sich
eine eindringende Forschung über den Ursprung der fränkischen
Trojasage entwickelt, in welcher sich Schnürer hauptsächlich mit
Heeger über diese so oft bestrittene Frage auseinandersetzt.

Wie verhält es sich nun mit all diesen Ergebnissen der Kritik
Schnürer’s?

“Ich verhehle mir keineswegs,’ schreibt der Verfasser selbst am
Schlusse seiner Arbeit, ‘wie viele meiner Ergebnisse auf Hypothesen
beruhen. Wenn ich trotzdem es wagte, sie als solche der Oeffent-
lichkeit zu übergeben, so ermutigt mich dazu die Einsicht, dass ein
Vorwärtskommen auf anderem Wege hier vielfach nicht möglich ist.’
(S. 235.) Mit diesen Worten hat Schnürer sein Werk richtig cha-
rakterisiert. Der fast ausschliessliche Gebrauch der subjektiven Kritik,
auf welche er durch den Erhaltungszustand seiner Quelle sich an-
gewiesen sah, wird wohl gewissen Lesern bedenklich erscheinen, und
nicht alle seine Folgerungen werden sich bei den Kundigen derselben
Anerkennung erfreuen können. Ich z. B. möchte mich nicht leicht
von dem Bestehen einer brunichildenfreundlichen, von A überarbeiteten
Quelle überzeugen lassen, und die Autorschaft des Agrestius ist bis
jetzt, meines Erachtens, nicht mehr als eine geistreiche Konjuktur.
Andrerseits sehe ich die KHErörterungen über die enge Beziehung
zwischen unseren drei Autoren und dem Hof resp. dem Hausmeier
geradezu als eine willkommene Errungenschaft der Forschung an,
und würde gerne noch andere Punkte betonen, in welchen ich mit
Schnürer übereinstimme, wenn ich die dieser Rezension gestellte
 
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