196
MÉLANGES HULIN DE LOO
erkennt, der zu Dirck Bouts im Verhaltnis eines nahen Ver-
wandten und Nachfolgers steht und zwischen 1480-1495
tatig gewesen ist.
Ohne Zweifel gehort der Künstler, besonders wenn man
die lieilige Anna selbdritt der Sammlung des Barons van
der Elst mit in Betracht zieht, zu den altesten Nachfolgern
des Schulhaupts Dirck Bouts. Ist die Vermutung gar zu
gewagt, die in dem Meister der tiburtiniscben Sibylle den
altesten Sohn des Meisters, Dirck Bouts den Jüngeren,
erkennen wiirde, der am 15. Januar 1473 von seinem Vater
mündig gesprochen wurde, zwischen dem 30. Januar und
dem 10. Februar 1476 lieiratete, in verschiedenen Akten
als « pictor ymaginum », darunter auch 1482, vorkommt
und vor dem 2. Mai 1491 verstorben ist (1) ? Friedlanders
zeitliche Ansetzung der Tatigkeit des anonymen Malers
wiirde gut zu dieser Annahme passen, für die es freilicli
noch an àusseren Beweisen fehlt. Eine zu vermutende Reise
in die Heimat des Yaters, nach Haarlem, wiirde gewisse
hollandische Eigentiimlichkeiten seiner Knnst erklaren. In
dem Kopfe eines etwa dreissigjahrigen Mannes, der auf
dem Glemalde der tiburtinischen Sibylle in Frankfurt ober-
halb der Gruppe von fiinf Hofleuten links sichtbar wird,
mochte man glauben ein Selbstbildnis des Malers erkennen
zu konnen. Die Züge zeigen eine gewisse Familienahnlich-
keit mit den bekannten des Vaters und besonders mit denen
der beiden jungen Lente, die auf dem beriilnnten Gemalde
des Abendmahls in der Peterskirche zu Lowen sichtbar sind
und in denen Georges Hulin (2) sclion vor Jahren die
beiden Sohne des Meisters, Dirck und Albert hat erkennen
wollen. Vielleiclit ergibt sich hier ein Anhaltspnnkt für die
bisher noch schwach begriindete Identifikation des Meisters
der tiburtinischen Sibylle mit Dirck Bouts dem Jüngeren.
Gustave GLUCK.
Conservateur en chef
les Musées d’Histoire de l’Art, à Vienne.
(1) Edward van Even, Thierry Bouts, dit Thierry de Haarlem... Six lettres
à M. Alphonse Wauters, Lowen, 1864, p. 22.
(2) Catalogue Critique, p. 10, Nr 36.
MÉLANGES HULIN DE LOO
erkennt, der zu Dirck Bouts im Verhaltnis eines nahen Ver-
wandten und Nachfolgers steht und zwischen 1480-1495
tatig gewesen ist.
Ohne Zweifel gehort der Künstler, besonders wenn man
die lieilige Anna selbdritt der Sammlung des Barons van
der Elst mit in Betracht zieht, zu den altesten Nachfolgern
des Schulhaupts Dirck Bouts. Ist die Vermutung gar zu
gewagt, die in dem Meister der tiburtiniscben Sibylle den
altesten Sohn des Meisters, Dirck Bouts den Jüngeren,
erkennen wiirde, der am 15. Januar 1473 von seinem Vater
mündig gesprochen wurde, zwischen dem 30. Januar und
dem 10. Februar 1476 lieiratete, in verschiedenen Akten
als « pictor ymaginum », darunter auch 1482, vorkommt
und vor dem 2. Mai 1491 verstorben ist (1) ? Friedlanders
zeitliche Ansetzung der Tatigkeit des anonymen Malers
wiirde gut zu dieser Annahme passen, für die es freilicli
noch an àusseren Beweisen fehlt. Eine zu vermutende Reise
in die Heimat des Yaters, nach Haarlem, wiirde gewisse
hollandische Eigentiimlichkeiten seiner Knnst erklaren. In
dem Kopfe eines etwa dreissigjahrigen Mannes, der auf
dem Glemalde der tiburtinischen Sibylle in Frankfurt ober-
halb der Gruppe von fiinf Hofleuten links sichtbar wird,
mochte man glauben ein Selbstbildnis des Malers erkennen
zu konnen. Die Züge zeigen eine gewisse Familienahnlich-
keit mit den bekannten des Vaters und besonders mit denen
der beiden jungen Lente, die auf dem beriilnnten Gemalde
des Abendmahls in der Peterskirche zu Lowen sichtbar sind
und in denen Georges Hulin (2) sclion vor Jahren die
beiden Sohne des Meisters, Dirck und Albert hat erkennen
wollen. Vielleiclit ergibt sich hier ein Anhaltspnnkt für die
bisher noch schwach begriindete Identifikation des Meisters
der tiburtinischen Sibylle mit Dirck Bouts dem Jüngeren.
Gustave GLUCK.
Conservateur en chef
les Musées d’Histoire de l’Art, à Vienne.
(1) Edward van Even, Thierry Bouts, dit Thierry de Haarlem... Six lettres
à M. Alphonse Wauters, Lowen, 1864, p. 22.
(2) Catalogue Critique, p. 10, Nr 36.