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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Renatus, Kuno: Die Antiquarische Mode
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0130

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INNEN-DEKORATION

Maße begrüßenswert sein. Nach dem 70 er Kriege wan-
derte aus vielen Bürgerhäusern das alte gute Mobiliar
aus der Zeit der dreißiger und noch der sechziger Jahre
zum Trödler, weil die Leute das Gefühl hatten, das »alt-
modische« Zeug genüge nicht mehr, eine »neue Zeit«
sei angebrochen, und man sei es ihr schuldig, sich groß-
städtisch und modern einzurichten. Die Greuel der alt-
deutschen Salons begannen. Was die Menschen für Möbel
kaufen, ist im höchsten Sinne symptomatisch. Wenn jetzt
jene alten Möbel, die vor vierzig Jahren als altväterisch
verächtlich beiseite getan wurden, wieder vom Trödler
in die Bürgerhäuser wandern — ist das vielleicht ein
Zeichen, daß man jenes Gefühl des »Modern sein wollens«
anfängt satt zu haben, das aus einem jungen, hypertro-
phierten Industrialismus hervorging? Uns soll es recht sein.

Wir ehren jene altvaterische, gediegene Gesinnung,
die in den Werken alter Handwerkskunst lebt, so sehr,
daß uns um jedes Stück leid ist, das außer Landes geht.
Damit kommen wir nochmals auf den eingangs erwähnten
Export zu sprechen. Je mehr unser Kunstgewerbe wieder

das richtige Augenmaß bekommt für die Überreste einer
alten Handwerkskunst — nicht im Sinne abzeichnender
Nachbildung, sondern in frischer Aufnahmefähigkeit für
die Äußerung gestaltbildender Kraft, die in jedem alten
Stück anwesend ist, — umsomehr muß es ein Interesse
daran haben, daß die vorhandenen Werke nicht durch
Ausfuhr verringert werden. An einer Überzahl von Zeug-
nissen handwerklicher Tradition leiden wir in Deutschland
wahrhaftig nicht. Wir meinen, ein allgemeines Kunst-
schutzgesetz ist nötig, nicht nur für die Werke hoher
Kunst in Museums- und öffentlichem Besitz, die selbst-
verständlich sämtlich inventarisiert sind, sondern auch
für die ganz bescheidenen Werke profaner Werkkunst,
die sich gegenwärtig im privaten Handel befinden. Sie
müßten vor der Ausfuhr an staatlicher Stelle vorgelegt
werden. An gutenVorbildern für Handwerkerschulen usw.
haben wir gewiß keinen Überfluß. Wenn die Ausfuhr ge-
stattet wird, sollte sie mit sehr hohen Schutzzöllen belegt
werden. Aber ein solches Gesetz wäre bald nötig, denn
viel ist nicht mehr vorhanden. ... dr. kuno mittenzwey.

PROFESSOR LEO PUTZ. WANDMALEREI AUS DEM ZYKLUS: »DAS LEBEN EINER FRAU«. »DIE BRAUT«
 
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