Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

DOI article:
Lux, Joseph August: Professor Otto Prutscher - Wien
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0232

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
212

INNEN-DEKORATION

einem Lehrlingskurs; er war eigentlich selber
ein solcher Lehrling von der Picke auf, Sproß
einer Tischlerfamilie, geschickter Zeichner mit
kluger Anpassungsfähigkeit an die rasch wech-
selnden Imperative, doch unzweifelhaft mit einem
guten, natürlichen Geschmack begabt, ein Kind
vom Wiener Grund, etwas vorstadtmäßig — aber,
was ich damals sofort konstatierte, ein natur-
gewachsenes Talent, keine schwächliche,
kunstgewerbeschulmäßige Treibhauspflanze, son-
dern eine jener heute nicht gar so häufigen Be-
gabungen, die die rhythmische Triebkraft des
Wiener Bodens als ein Elementares in sich fühlen,
wie es etwa, natürlich unter Wahrung des großen
Abstandes, unter den Architekten Olbrich mit
den Riesenausmaßen seines Könnens und seines
Genius war. Aber daß man Prutscher damals
schon in eine wenn auch noch so ferne Beziehung
zu diesem Meister bringen konnte, bedeutet des
Lobes und der Anerkennung sehr viel; und heute,
wo ich die reifen Arbeiten Otto Prutschers, wie
sie das Heft hier zeigt, vor mir sehe, finde ich
mein damaliges Urteil vollauf bestätigt. Der
geläuterte Prutscher zeigt als Kunstgewerbler tat-
sächlich eine gewisse Verwandtschaft mit Olbrich

— wieder den gebührenden Abstand gewahrt!

— und zwar mit den reifsten Arbeiten dieser
Art des zu früh verstorbenen Meisters. Man
könnte nun sagen, das sei leicht, wo jeder Kunst-
gewerbler die Olbrich-Mappen in der Tischlade
hat und so viele zahllose kleinere Talente sich
mit solchen fremden Federn schmücken; aber im
Hinblick auf Prutscher liegt es tiefer und ist mit-
hin auch anders gemeint. Ich will sagen, daß
auch Prutscher ein unbewußt musikalisch emp-
findender Mensch ist, und darum als Geschmacks-
künstler die Wienerische Note so überaus glücklich
trifft, daß er selbst in der Künstlergruppe, die
ihm ihre Prägung aufdrückt, noch immer sein
persönliches Wiener Gesicht bewahrt, was ein
vollgültiger Beweis eines gesunden und bei aller
Anschmiegsamkeit doch eigentlich unverwüst-
lichen, eigenartigen und rechten Talentes ist.

Nicht zufällig war es, daß mich der junge
Prutscher dem Aussehen nach immer ein wenig
an den Kopf des Walzerkönigs Johann Strauß
erinnerte. Heute ist es mir ganz klar, daß diese
Ähnlichkeit keine rein äußerliche ist. Wiener
Musik ist in den Linien der Prutscher'schen Wohn-
räume, Kunstgegenstände und Entwürfen. Gewisse
 
Annotationen