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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Pabst, A.: Maschinenproduktion und Handarbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0243

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MASCHINENPRODUKTION UND HANDARBEIT

VON PROF. DR A. PABST—WEIMAR.

Jndustrie, d. h. also Massenherstellung technischer Pro-
dukte, hat es in der handwerklichen Produktion früherer
Jahrhunderte nicht oder doch nur in sehr beschränktem
Umfange gegeben. Die Massenproduktion trat erst mit
der Entwicklung des Verkehrs ein, der den Güteraus-
tausch und die Versorgung weit getrennt von einander
liegender Konsumentenkreise vermittelt. Durch die Auf-
schließung ganzer Länder und Weltteile wurde die Pro-
duktion zur Großproduktion. Die neuen machtvollen Hilfs-
mittel, deren diese bedurfte, fand sie in den Maschinen.
So entstand die Massenproduktion, die im 19. Jahrhundert
auf vielen Gebieten, insbesondere dem der Metallindustrie,
der Textil-, chemischen und keramischen Industrie all-
mählich an die Stelle der Einzelproduktion trat. Es ist
aber festzuhalten, daß sich die Begriffe »Maschinen-
produktion« und »Massenproduktion« nicht immer decken,
wie auch die Handarbeit nicht immer notwendigerweise
auf die Einzelanfertigung eines Produktes hinausläuft.

Das Produkt der menschlichen Hand trägt einen
andern Charakter als das Produkt der Maschine. Kein
Erzeugnis der Handarbeit wird einem anderen derselben

Art vollständig gleichen, jedes wird kleine Eigentümlich-
keiten und Abänderungen aufweisen. An einer Schnitzerei
z. B. wird vielleicht die linke Hälfte nicht vollständig gleich
der rechten sein, jedes einzelne Blatt und jede Blüte zeigen
kleine Verschiedenheiten, und darauf, daß diese auf den
Betrachter individuell einwirken, beruht eben die eigen-
tümliche Wirkung der Handarbeit. Der aufmerksame
Beobachter erlebt gewissermaßen die Herstellung des
Werkes noch einmal mit, indem er sieht, wie es unter der
Hand des Verfertigers geworden ist und wie sich dieser
bemüht hat, die einzelnen Teile zu gestalten. Dabei ist
ihm der eine Teil vielleicht besonders gelungen, während
seine Geschicklichkeit an einem andern versagte. Das
fertige Werk redet also gewissermaßen eine lebendige
Sprache, es erzählt dem Kundigen von seiner Entstehung
und von seinem Verfertiger. — Ganz anders wirkt das
Erzeugnis der Maschine, das seinem Wesen nach eine
genaue Nachbildung nach einem vorhandenen Original
oder Modell ist. Die Maschine arbeitet zwangsmäßig und
ihre Produkte sind einander gleich. Der Triumph der
Werkzeugmaschinen beispielsweise besteht darin, so

1917. VI. 2.
 
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