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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Zucker, Paul: Formempfinden und Raumgefühl
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0405

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INNEN-DEKORATION

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gefühle stammen sollen, sondern die Verhältnisse der
Einzelunterteile des Raumes zu einander, das heißt der
Rhythmus des Raumes soll sie erwecken und bestimmen.

Es ist dem Menschen nun nicht möglich, eine Summe
einzelner Eindrücke gleichzeitig aufzunehmen und sie da-
bei gegeneinander abzuwerten oder zu vergleichen. Daher
gehört auch zum räumlichen Rhythmus der Zeitbegriff.
Aus dem räumlichen Nebeneinander der Dinge wer-
den sie nacheinander wahrgenommen, es geschieht also
eine Bewegung. Die zeitlichen Intervalle der Bewegung,
mit der das Auge die Einzelteile des Raumes in sich
hintereinander aufnimmt, empfinden wir als Rhythmus

und dieser ist die wesentliche Quelle des ästhetischen
Genießens. Um diesen vielleicht auf den ersten Blick
etwas kompliziert erscheinenden Vorgang leichter ver-
ständlich zu machen, möchte ich an einen ähnlichen, noch
sinnfälligeren Akt erinnern, an den Tanz. Auch dabei
wird ein zeitlicher Rhythmus, nämlich der Takt der Musik,
in einen räumlichen Rhythmus, die Bewegung der Glieder
umgesetzt. Unbewußt findet also beim Betrachten eines
Raumkunstwerkes derselbe Vorgang im umgekehrten
Sinne statt: der räumliche Rhythmus, die Verhältnisse
der Einzelteile des Raumes untereinander werden in zeit-
lichen Intervallen aufgenommen. Selbstverständlich ist,

ARCHITEKT KARL MARIA KERNDLE—WIEN. ANSICHT AUS DER TROPHAENHALLE. KRlECSAUSSTELLUNO-WlEN 1917
 
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