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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Zucker, Paul: Formempfinden und Raumgefühl
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0406

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384

INNEN-DEKORATION

wie ich noch einmal betonen will, dieses Nacheinander
unbewußt, wir haben durch Gewohnheit das Gefühl
gleichzeitig zu sehen, in Wirklichkeit gleitet aber das
Auge über die Einzelteile hin und braucht dazu eine ge-
wisse, wenn auch nur minimale Zeit. Wie der Blinde in
einer — natürlich viel längeren — Zeit seine Hände an
einem Gegenstande herabgleiten läßt und aus dem zeit-
lichen Nacheinander der Hebungen und Senkungen unter
seiner Handfläche sich den Begriff des Ganzen bildet,
so summieren auch wir beim Sehen des Raumes zeitlich
nacheinanderfolgende Eindrücke.

Ist also der räumliche Rhythmus das Mittel des künst-
lerischen Ausdruckes — so ist es nicht Phrase, von der
Musik eines Raumes zu sprechen, sondern es sind ganz
bestimmte und umgrenzte Begriffe damit gemeint. Es
ist kein Zufall, daß bestimmte Raumgestaltungen für uns

mit bestimmten Gefühlsinhalten verknüpft sind. Nicht,
weil wir es immer so sahen, ist eine Kuppel etwas Feier-
liches, sondern die Form der Kuppel ist eben ein räum-
licher Ausdruck der Feierlichkeit, wie es in der Musik
ein Andante ist. Was uns an der Antike und Renaissance
so anzieht, ist doch nicht nur die Schönheit der Einzel-
formen in den bildenden Künsten jener Zeiten, sondern
jene Empfindung für Proportionen, für Raumteilungen,
die uns wohltuen (wie es überhaupt n i e die Einzelformen
eines Zeitstiles sind, die sein Wesentliches ausmachen).

Rings um uns — in den Landschaften und in den
Bauten der Städte — sind so starke und tiefe Möglich-
keiten in den Dingen, — die großen Formen stehen da
in der festen und eindrucksvollen Gebärde ihrer räum-
lichen Existenz — voll von Klängen und Melodien für
den, der Sinne hat, sie zu vernehmen, paul zucker-berlin.

USSTEUUNG

EN

^RGAKTEN^KK PRÄTER.

MM-OKTOBER.

ENTWURF: JOSEF v. DIVEKY-WIEN. PLAKAT FÜR DIE KRIEGSAUSSTELLUNG—WIEN 1917
 
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