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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Zimmermann, Ernst: Dekorative Keramische Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0408

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386

INNEN-DEKORATION

ROBERT
ENGELS-
MQNCHEN

»AUFERSTEHUNG
DES LAZARUS«
LINK. SELTENBILD

DEKORATIVE KERAMISCHE KUNST

(SCHLUSS.)

Daß aber die Keramik sich bei uns eine so besondere
Stellung erwerben konnte, verdankt sie lediglich
dem Umstände, daß sie in ihrer letzten und höchsten Ent-
wicklungsstufe durch die Vorbilder Chinas und Japans
eine ausgesprochene Kunst der Farbe geworden ist, noch
besser gesagt, eine solche lebhafter, leuchtender Farben.
Das ist sie in China seit etwa dem vierzehnten Jahrhundert
geworden, wahrscheinlich durch Einflüsse vorderasiati-
scher Kunst, das wird sie nun bei uns wohl auch immer
bleiben, so lange es bei uns eine höhere Keramik geben
wird. Sie hat sich aber zu einer solchen dadurch entwickelt,
daß sie, wie keine andere, dazu die technische Möglich-
keit darbot. Schmelzfarben sind Glasfarben, und auch
die Unterglasurmalerei ist gleichsam eine Art Glasmalerei,
bei der nur die Farben nicht auf das Glas eingebrannt
werden, sondern auf einen unter demselben liegenden
Grund. Kann man sich aber eine Glasmalerei mit trüben
Farben denken, eine Glasmalerei ohne Glanz und Kraft?
Ebenso aber verhält es sich mit keramischen Erzeug-
nissen, denen eine sie bedeckende Glasur Glanz und
Schimmer verleiht. Auch hier Glanz und Glätte, die

gleichartige Zutaten verlangen, alles Andersgeartete von
Natur aus abweisen. Und sie fordern darum auch, je
leuchtender sie sind, je reiner ihr Grund ist, um desto
reinere, strahlendere Farben—das weißgrundige Porzellan
darum auch diese mehr, als die leicht dem Grau sich zu-
neigende Fayence oder andere schlichtere glasierte Ton-
waren. Das Porzellan ist aber damit die farbenstrahlendste
Kunst geworden, die wir kennen. Es übertrifft in dieser
Beziehung alle übrigen Künste, die Farbenträger sind:
das Glas, wofern durch dasselbe kein Licht fällt, die Tex-
tilerzeugnisse, in der Natur fast die Edelsteine und selbst
die Blumenblätter, das Farbigste, was diese hervorbringt,
die wohl größere Tiefe besitzen können, doch niemals
jenen reinen, strahlenden Glanz besitzen, den Por-
zellanfarben im besten Falle auszustrahlen vermögen.
Und diese Farbigkeit der Keramik ist völlig unveränder-
lich. Sie dunkelt nicht nach, wie die der Ölgemälde,
verbleicht nicht, wie die der Teppiche. Sie geht nur mit
ihren Trägern zu Grunde: das ist ihr endliches Los,
das aber oft erst spät zur Erfüllung kommt, stets Men-
schenschuld ist und dem bloßen Zufall angehört.
 
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