Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930
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Wenzel, Alfred: Form der Ordnung
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INNEN-DEKO RATION
PROFESSOR EMIL FAHRENKAMP-DÜSSELDORF BANK IM VORRAUM. PARK-HOTEL IN BOCHUM
FORM DER ORDNUNG
Wenn man den Begriff der »Ordnung« in
seiner weitesten und tiefsten Bedeutung faßt,
dann kann man sagen, daß sie als innerster Sinn
aller Kunst innewohnt: zum Kunstwerk gestal-
tete Welt, geformtes Leben ist immer auch nach
irgendwelchen Richtungen hin geordnete Wirk-
lichkeit. — Im Bereich der Architektur er-
scheint der Prozeß dieses künstlerischen Ordnens
in seinen Ergebnissen am deutlichsten: die »Re-
geln«, von denen man geleitet wurde und nach
denen man verfuhr, sind auch an der Oberfläche
sichtbar. Aber gerade sie und ihr vielfältiger
Wechsel im Wandel der Zeiten könnten auch am
ehesten an »Willkür« denken lassen, da sie nicht,
wie ein Gemälde oder eine Plastik, auf sinnfällig
gegebene Motive bezogen sind, sondern auf den
Raum. . Der »Raum«, neben der »Zeit« unser
primärstes menschliches Erlebnis überhaupt, ist
überall um uns, aber er ist ungreifbar. Die »Ord-
nung«, die in der architektonischen Disposition
vorgenommen wird, besteht notwendigerweise in
der Klärung einer sichtbaren Beziehung
zwischen uns und dem uns umgebenden Räume.
Nur von hier aus erklärt sich auch die wech-
selnde Form der Ordnung, der Wechsel in
den Regeln, die entweder, zum »Kanon« ausge-
bildet, theoretisch formuliert werden oder nur als
leitende Gefühle maßgebend sind. Sie ergeben sich
stets aus einem Wandel der Beziehung zwischen
uns und dem »Raum« schlechthin, wir können
auch sagen: aus einem veränderten »Raum-
Erlebnis«. Dieses aber ist so ganz und gar be-
stimmt durch unsere rein menschliche Beschaffen-
heit und jene Wandlungen, deren wir innerhalb
eines feststehenden Gesamtumrisses fähig sind,
daß wir von der Architektur sagen dürfen: sie
könne, trotz ihrer engen und dauernden Verknüp-
fung mit andersartigen Bezügen des Lebens, dem
»Zweck«, der »Technik« usw., — noch vor den
übrigen Künsten die feinen Schwingungen un-
serer innersten Veränderungen registrieren.....
Es kommt nur darauf an, den Blick in dieser
Hinsicht etwas zu klären, da sieht man aller-
hand. Dann sieht man auch den besonderen Ord-
nungs-Sinn, der, wohl mehr unbewußt als schon
klar erkannt, die moderne Form räumlicher Dis-
INNEN-DEKO RATION
PROFESSOR EMIL FAHRENKAMP-DÜSSELDORF BANK IM VORRAUM. PARK-HOTEL IN BOCHUM
FORM DER ORDNUNG
Wenn man den Begriff der »Ordnung« in
seiner weitesten und tiefsten Bedeutung faßt,
dann kann man sagen, daß sie als innerster Sinn
aller Kunst innewohnt: zum Kunstwerk gestal-
tete Welt, geformtes Leben ist immer auch nach
irgendwelchen Richtungen hin geordnete Wirk-
lichkeit. — Im Bereich der Architektur er-
scheint der Prozeß dieses künstlerischen Ordnens
in seinen Ergebnissen am deutlichsten: die »Re-
geln«, von denen man geleitet wurde und nach
denen man verfuhr, sind auch an der Oberfläche
sichtbar. Aber gerade sie und ihr vielfältiger
Wechsel im Wandel der Zeiten könnten auch am
ehesten an »Willkür« denken lassen, da sie nicht,
wie ein Gemälde oder eine Plastik, auf sinnfällig
gegebene Motive bezogen sind, sondern auf den
Raum. . Der »Raum«, neben der »Zeit« unser
primärstes menschliches Erlebnis überhaupt, ist
überall um uns, aber er ist ungreifbar. Die »Ord-
nung«, die in der architektonischen Disposition
vorgenommen wird, besteht notwendigerweise in
der Klärung einer sichtbaren Beziehung
zwischen uns und dem uns umgebenden Räume.
Nur von hier aus erklärt sich auch die wech-
selnde Form der Ordnung, der Wechsel in
den Regeln, die entweder, zum »Kanon« ausge-
bildet, theoretisch formuliert werden oder nur als
leitende Gefühle maßgebend sind. Sie ergeben sich
stets aus einem Wandel der Beziehung zwischen
uns und dem »Raum« schlechthin, wir können
auch sagen: aus einem veränderten »Raum-
Erlebnis«. Dieses aber ist so ganz und gar be-
stimmt durch unsere rein menschliche Beschaffen-
heit und jene Wandlungen, deren wir innerhalb
eines feststehenden Gesamtumrisses fähig sind,
daß wir von der Architektur sagen dürfen: sie
könne, trotz ihrer engen und dauernden Verknüp-
fung mit andersartigen Bezügen des Lebens, dem
»Zweck«, der »Technik« usw., — noch vor den
übrigen Künsten die feinen Schwingungen un-
serer innersten Veränderungen registrieren.....
Es kommt nur darauf an, den Blick in dieser
Hinsicht etwas zu klären, da sieht man aller-
hand. Dann sieht man auch den besonderen Ord-
nungs-Sinn, der, wohl mehr unbewußt als schon
klar erkannt, die moderne Form räumlicher Dis-