Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0148
DOI Artikel:
Sternberger, Dolf: Die zeitgenössische Wohnweise
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0148
128
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT FRITZ GROSS IN WIEN RUHEBETT IM WOHN-SCHLAFZ1MMER L.
DIE ZEITGENÖSSISCHE WOHN WEISE
Unsere ganze Ästhetik beherrschte bisher eine Stellung, die in unsere ganze Ästhetik eingegangen
Vorstellung, welche die »untergeordnete« ist und die zu der Degradierung der »unfreien«
Stellung der Baukunst im System der Künste — Künste und zu vielen Verwicklungen geführt hat..
nämlich als einer angewandten, unfreien, dienen- In Wahrheit kommt, gerade in unserem gegen-
den Kunst konstituierte: die »Zweckvorstellung«.. wärtigen Wohnbau das Phänomen des Hauses
Das Haus ist in dieser Vorstellung nicht freie in einer ganz anderen Weise zum Ausdruck.
Kunst, weil seine kunstmäßige Existenz durch- Das Haus ist nicht ein Ding »zum Wohnen«,
brochen wird von seiner Zweckdienlichkeit. Es Vielmehr: es ist immer »Wohnhaus«! Und
wird aufgefaßt als ein in sich Bestehendes, das darum ist menschliches Dasein immer schon in
aber nicht sich selbst genügt, sondern das da ist, ihm verflochten, ja es ist eine Weise des Daseins:
um »zu etwas zu dienen«............... der Mensch steht ihm nicht »gegenüber«, sondern
Als charakteristisch möge ein Satz aus der geht als Wohnender in ihm auf. Das Haus
Hegel'schen Ästhetik zitiert sein: »Die Baukunst, ist immer: Lebens-Raum! . In dieser Hin-
wenn sie ihre eigentümliche, begriffsmäßige Stel- wendung muß die zentrale Leistung unseres zeit-
lung erhält, dient in ihrem Werk einem Zweck genössisehen Wohnbaues und der neuen
und einer Vorstellung, die sie nicht in sich selbst Wohngesinnung gesehen werden........
hat«.. Damit ist eine grundlegende Dualität gesetzt Le Corbusier sagt: »Das Wohn-Haus hat nichts
von »daseiendem Hausding« und vom »Zweck«, gemein mit dem Haus als Biographie«. . Wenn
zu dem es da ist, dem es dient, zu welchem es das Haus »Biographie« sein soll, dann soll es
von dem — nun gleichsam erst nachträglich hinzu- etwas »ausdrücken«; es soll ein individuelles
kommenden — Menschen »gebraucht« wird: das Geschehen in der Form spiegeln, es soll gleich-
Haus sei ein Gegenstand, der »zum Zweck des sam die Erzählung, die Erinnerung dieses indivi-
Wohnens gebraucht« werde. . Dies ist die Vor- duellen Geschehens konkretisieren. Dieser Wille
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT FRITZ GROSS IN WIEN RUHEBETT IM WOHN-SCHLAFZ1MMER L.
DIE ZEITGENÖSSISCHE WOHN WEISE
Unsere ganze Ästhetik beherrschte bisher eine Stellung, die in unsere ganze Ästhetik eingegangen
Vorstellung, welche die »untergeordnete« ist und die zu der Degradierung der »unfreien«
Stellung der Baukunst im System der Künste — Künste und zu vielen Verwicklungen geführt hat..
nämlich als einer angewandten, unfreien, dienen- In Wahrheit kommt, gerade in unserem gegen-
den Kunst konstituierte: die »Zweckvorstellung«.. wärtigen Wohnbau das Phänomen des Hauses
Das Haus ist in dieser Vorstellung nicht freie in einer ganz anderen Weise zum Ausdruck.
Kunst, weil seine kunstmäßige Existenz durch- Das Haus ist nicht ein Ding »zum Wohnen«,
brochen wird von seiner Zweckdienlichkeit. Es Vielmehr: es ist immer »Wohnhaus«! Und
wird aufgefaßt als ein in sich Bestehendes, das darum ist menschliches Dasein immer schon in
aber nicht sich selbst genügt, sondern das da ist, ihm verflochten, ja es ist eine Weise des Daseins:
um »zu etwas zu dienen«............... der Mensch steht ihm nicht »gegenüber«, sondern
Als charakteristisch möge ein Satz aus der geht als Wohnender in ihm auf. Das Haus
Hegel'schen Ästhetik zitiert sein: »Die Baukunst, ist immer: Lebens-Raum! . In dieser Hin-
wenn sie ihre eigentümliche, begriffsmäßige Stel- wendung muß die zentrale Leistung unseres zeit-
lung erhält, dient in ihrem Werk einem Zweck genössisehen Wohnbaues und der neuen
und einer Vorstellung, die sie nicht in sich selbst Wohngesinnung gesehen werden........
hat«.. Damit ist eine grundlegende Dualität gesetzt Le Corbusier sagt: »Das Wohn-Haus hat nichts
von »daseiendem Hausding« und vom »Zweck«, gemein mit dem Haus als Biographie«. . Wenn
zu dem es da ist, dem es dient, zu welchem es das Haus »Biographie« sein soll, dann soll es
von dem — nun gleichsam erst nachträglich hinzu- etwas »ausdrücken«; es soll ein individuelles
kommenden — Menschen »gebraucht« wird: das Geschehen in der Form spiegeln, es soll gleich-
Haus sei ein Gegenstand, der »zum Zweck des sam die Erzählung, die Erinnerung dieses indivi-
Wohnens gebraucht« werde. . Dies ist die Vor- duellen Geschehens konkretisieren. Dieser Wille