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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Geron, Heinrich: Psychologie und Wohnkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0401

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INNEN-DEKORATION

381

ARCHITEKT PAUL LÄSZLÖ -STUTTGART SITZECKE IN DER DIELE. HAUS W.D.l.

PSYCHOLOGIE UND WOHNKUNDE

In den funktionellen Lebensablauf des Wohnens
sind wesentliche psychologische Phänomene
einbezogen, denen eine methodische, neuzeit-
liche »Wohnkunde« Rechnung tragen muß. Die
Tatbestände sind hier nur selten objektiv, denn
die Wirkung, die ein Wohnorganismus auf den
Wohner ausübt, ist individuell verschieden. . .



Man nehme einen alltäglichen Fall; das Arbeits-
zimmer eines Gelehrten oder Schriftstellers. Der-
gleichen Leute sind gewöhnlich »raumsensitiv«.
A. pflegt in seinem Schreibzimmer auf- und ab-
zuwandeln, während B. sich mit geschlossenen
Augen am Arbeitstische konzentriert. Es läßt sich
mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß B. eine
»symmetrische« Anordnung der raumbildenden
Komponenten (d. i. der Wände, Fenster, Türen und
der Möbel) eine achsial festgelegte Kombination
und ruhige, beschwichtigende Farbwerte wünscht.
Jedes Element, das die Abstraktion begünstigt,
wird ihm willkommen sein. . Wie ganz anders
wird A.'s Zimmer beschaffen und eingerichtet sein!

Er will eine »asymmetrische«, nicht um ein Zen-
trum gebaute Raumanlage mit ständig wechseln-
der Ordnungs-Achse haben, er wird auf einer
freien, rhythmischen Anordnung bestehen, sein
Raumempfinden ist dynamisch, er braucht Schwe-
bendes und Schwingendes, anregende lebendige
Farben, einen Wohn-Organismus, der ihm hilft, die
Dinge in ihm ins Rollen zu bringen. Daß das rein
funktionell Praktische gut gelöst ist, etwa, daß er
das Licht von der richtigen Seite und seine Nach-
schlagbücher gut zur Hand hat, wird für ihn nicht
einmal so wichtig sein, wie der Umstand, daß das
Raumwesen ihm eine zu einer bestimmten Schritt-
zahl — seiner normalen persönlichen Schrittlänge —
passende »Wandelbahn« zum Auf- und Abgehen
oder zum Rundherum-Schreiten gönnen muß. .

Dieses Beispiel demonstriert natürlich nur ein
psychologisch Typisches; das Individuum, das in
allen Stücken dem Typus entspricht, gibt es ver-
mutlich nicht; in der Praxis wird es daher die
Raumgestaltung mit einem »MehroderWeniger«

1930. X. 2.
 
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