Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0146
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Ritter, Heinrich: Der Platz am Fenster
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INNEN-DEKORATION
architekt fritz gross in wien fenstersitz in der diele. wohnung l.
DER PLATZ AM FENSTER
Das hereinquellende Licht fällt auf Buch, Tisch er läßt uns auch am »Draußen« teilnehmen. Der
und Blumenstrauß und auf die Gesichter Blick geht hinaus in den Garten oder auf den
derer, die plaudernd am Tische sitzen. Licht ist menschenbelebten Platz; aber mit einer kleinen
schön, weil es uns Freiheit zu allen Hantierungen Augenwendung ist er wieder drinnen in der Stille
gibt, weil es uns mächtiger macht. Die Dunkelheit, und im Frieden, bei den Büchern, denen unsere
das Zwielicht haben eine Tendenz, uns passiv und Arbeit gilt, bei den Menschen, die zu uns ge-
abhängig zu machen. Wo Licht ist, ist der Mensch hören. . Es ist nicht so, daß uns der Fensterplatz
wahrhaft frei. Das soll nicht heißen, daß nicht die Außenwelt etwa aufdrängte; aber die Mög-
auch die Schatten im Raum ihren guten Sinn lichkeit zum Hinaussehen haben wir — und dies
hätten: im Kontrast zu ihnen tritt der Licht-Segen kann wunderbar entspannen und anregen.....
erst in seiner Schönheit hervor. Licht stellt sich Der Fensterplatz ist meist eine Art »Raumteil
freundlich zu allem, was am Menschen Aktivität für sich«. Da kommt er der menschlichen Lust an
und Lebensgefühl ist. Wir brauchen eine deut- »Abgrenzung« entgegen. Man hat früher für
liehe, eine »kenntliche« Welt um uns herum. Nir- »Fensternischen mit Auftritt und Balustrade« ge-
gends sind wir unseres Menschentums so sehr schwärmt; das gilt heute als schlechter Geschmack,
gewiß, als im natürlichen Tageslicht. . Der »Platz Aber eine leichte Andeutung des Abgrenzens tut
am Fenster« verbindet in der menschlichen Woh- dem »Sicherungs-Trieb« wohl und erzeugt jene
nung am schönsten die Wohltat der Behausung zusammengesetzte Empfindung, mit der wir auf
mit dem Segen des Lichtes. Darum lieben wir ihn. jede Berücksichtigung des Naturwesens in
Der Fensterplatz gehört zum »Drinnen«. Aber uns antworten: das Behagen. . . . Heinrich ritter.
INNEN-DEKORATION
architekt fritz gross in wien fenstersitz in der diele. wohnung l.
DER PLATZ AM FENSTER
Das hereinquellende Licht fällt auf Buch, Tisch er läßt uns auch am »Draußen« teilnehmen. Der
und Blumenstrauß und auf die Gesichter Blick geht hinaus in den Garten oder auf den
derer, die plaudernd am Tische sitzen. Licht ist menschenbelebten Platz; aber mit einer kleinen
schön, weil es uns Freiheit zu allen Hantierungen Augenwendung ist er wieder drinnen in der Stille
gibt, weil es uns mächtiger macht. Die Dunkelheit, und im Frieden, bei den Büchern, denen unsere
das Zwielicht haben eine Tendenz, uns passiv und Arbeit gilt, bei den Menschen, die zu uns ge-
abhängig zu machen. Wo Licht ist, ist der Mensch hören. . Es ist nicht so, daß uns der Fensterplatz
wahrhaft frei. Das soll nicht heißen, daß nicht die Außenwelt etwa aufdrängte; aber die Mög-
auch die Schatten im Raum ihren guten Sinn lichkeit zum Hinaussehen haben wir — und dies
hätten: im Kontrast zu ihnen tritt der Licht-Segen kann wunderbar entspannen und anregen.....
erst in seiner Schönheit hervor. Licht stellt sich Der Fensterplatz ist meist eine Art »Raumteil
freundlich zu allem, was am Menschen Aktivität für sich«. Da kommt er der menschlichen Lust an
und Lebensgefühl ist. Wir brauchen eine deut- »Abgrenzung« entgegen. Man hat früher für
liehe, eine »kenntliche« Welt um uns herum. Nir- »Fensternischen mit Auftritt und Balustrade« ge-
gends sind wir unseres Menschentums so sehr schwärmt; das gilt heute als schlechter Geschmack,
gewiß, als im natürlichen Tageslicht. . Der »Platz Aber eine leichte Andeutung des Abgrenzens tut
am Fenster« verbindet in der menschlichen Woh- dem »Sicherungs-Trieb« wohl und erzeugt jene
nung am schönsten die Wohltat der Behausung zusammengesetzte Empfindung, mit der wir auf
mit dem Segen des Lichtes. Darum lieben wir ihn. jede Berücksichtigung des Naturwesens in
Der Fensterplatz gehört zum »Drinnen«. Aber uns antworten: das Behagen. . . . Heinrich ritter.