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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Eisler, Max: Neue Arbeiten von Fritz Gross: Räume aus der Wohnung L. und der Wohnung des Künstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0125

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XU. JAHRG.

DARMSTADT

MÄRZ 1930

NEUE ARBEITEN VON FRITZ GROSS-WIEN

RÄUME AUS DER WOHNUNG L. UND DER WOHNUNG DES KÜNSTLERS

O

Wenn wir uns recht erinnern, war es eine Reihe
von Kreide-Zeichnungen, die vor einigen Jah-
ren die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde zum
ersten Mal auf den jungen Künstler gelenkt hat.
Das waren Darstellungen von Städten und Häfen,
also keineswegs ungewöhnliche Stoffe, aber auf-
fällig durch die zugleich bewegliche und bestimmte
Art, in der hier die Fläche »durchgebaut« erschien.
Stellenweise mit Nachdruck verknüpft, dann wie-
der gelockert und losgelassen, in ausgebreiteten
oder ansteigenden Draufsichten sehr übersichtlich
und durchsichtig geführt, zeigte die Linie eine
architektonische Disposition und Empfindung. Und
eben darin — in der dem freien Spiel zugrunde
liegenden »bauhaften Ordnung« — war der for-
male Reiz dieser ersten Werkproben gelegen. .
Später erfuhr man, daß dieser Zeichner und Maler
Fritz Gross ein regelrecht geschulter Architekt
sei, der die Wiener Technik hinter sich hatte. Das
erklärte wohl nachträglich den besonderen Bau-
sinn seiner graphischen Arbeit. Aber das führte
auch zu einer Reihe von neuen Fragen. Warum
hatte Gross, kaum daß er den langwierigen und
mühsamen Lehrgang des Baumeisters beendet,
der strengen Kunst den Rücken gekehrt? Oder

war das Malen nur seine gelegentliche Passion, ein
Ventil für das junge Temperament, das sich hier
zu eigener Lust etwas freie Bewegung verschaffte?
Und falls die Vermutung zutraf: wie wird, sofern
der Künstler in seinen ursprünglichen Beruf zu-
rückkehrt, nach solchen malerischen Streifzügen
seine Architektur beschaffen sein? Die Gefahr
schien gegeben, daß hier aus einer doppelten
Veranlagung ein Zwittergebilde, eine »malerische
Architektur« erstehen könnte. . Nun — um das
vorweg zu nehmen — diese Gefahr hat sich glück-
licherweise nicht verwirklicht. Gewiß, Fritz Gross
unterdrückt auch in seinem Architektenwerk nicht
völlig die malerischen Wirkungen. Aber was er
davon einläßt, ist sauber und wesentlich umge-
deutet in die neue Arbeit. Das Malerische hat
hier seinen freien Zug aufgegeben und erscheint
nur als Neigung für das prägnant Dekorative, folge-
richtig umgesetzt in das Material der neuen Werk-
stoffe, eingeordnet in den räumlichen Dienst. . Man
hat in Wien bisher nicht viele Proben dieser Hand
zu sehen bekommen. Denn das hauptsächliche
Arbeitsfeld des Architekten liegt auswärts, beson-
ders in der Tschechoslowakei, wo er neuerdings
eine Villa baut und wo auch die in diesem Heft

1930. III. 1.
 
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