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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Holm, Ina: Die gute und schöne Wohnung: ein Beitrag zum Problem der "Raumdiätetik"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0389

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XL1. JAHRG.

DARMSTADT

OKTOBER 1930

DIE GUTE UND SCHONE WOHNUNG

EIN BEITRAG ZUM PROBLEM DER »RAUMDIÄTETIK«

Ich fühle mich in letzter Zeit gar nicht wohl«,
klagte die hübsche Frau Lisa im Kreise ihrer
guten Freunde. »Ich bin müde, gereizt, jede Kleinig-
keit regt mich auf, neue Kleider machen mir keinen
Spaß mehr..« »Oh, dann ist es ernst«, meinte Kurt.
»Liebe Lisa, Sie müssen schleunigst zu einem Arzt
gehen.« »Ach wo, Sie sollten sich wieder einmal
verlieben«, brummte Freddy. »Und in den rich-
tigen«, fügte er leise hinzu, indem er sie ansah, wie
ein unglücklicher Scotch Terrier. . »Verreisen,
nur verreisen«, riet ein Dritter.. »Jetzt nach Baden-
Baden, zum Beispiel, wenn die Rhododendren
blühn, und die Bäume in der Lichtenthaler Allee
im herrlichsten Grün..« »Liebe Lisa«, sagte Tommy
ungeduldig, »für dich gibt es nur ein Mittel — du
mußt schleunigst einen Architekten auf-
suchen!« . »Einen Architekten? Ist er vielleicht
nebenbei Naturarzt oder Psychoanalytiker oder
sonstwie wundertätig? .« »Nein, nicht im gering-
sten. Aber er ist ein fabelhafter Architekt und
das genügt: Lisa, nimm es mir nicht übel, aber in
dieser Umgebung würde ich auch krank werden.
Du mußt dich völlig neu einrichten!« . »Tommy,
du bist ja verrückt! Das Eßzimmer stammt noch
von den Großeltern, der Salon ist zwar nicht sehr

schön, aber die Möbel mit den Intarsien sind kost-
bar, das Schlafzimmer ist dunkel, aber — na, ich
kann mir doch nicht plötzlich eine neue Wohnung
anschaffen!« . »Aha, du kannst nicht. Aber du
würdest ohne weiteres eine Menge Geld für Arzte,
für eine Badereise, für eine Nachkur und alles
mögliche andere ausgeben!« . »Das ist richtig.
Aber das ist doch etwas anderes, das muß eben
sein«: »Entschuldige, das, was ich meine, ist min-
destens so wichtig. Bitte: da hausest du seit Jahren
in einer Wohnung, die dem Geschmack deiner
Großeltern, deiner Tante Eugenie, deines Onkel
Albert entspricht. Das ist aber keineswegs eine
Wohnung, wie sie für einen Menschen von
heute sein soll! Kein Wunder, daß du dauernd
verstimmt bist in dieser veralteten, unzulänglichen
Wohn-Apparatur. . Dazwischen allerdings deine
paar hübschen bunten Kissen, na und vor allem du
selbst. .« »Zur Sache!« . »Schön — also ich darf
wohl sagen, daß deine Wohnung für einen sensib-
len Menschen auf die Dauer niederdrückend wir-
ken muß. Uberhaupt, wenn du ahntest, was eine
gute und schöne, moderne Wohnung bedeuten
kann! Beglückung, Bereicherung, Verjüngung. .«
»Wie heißt der Architekt? . .«, fragte Frau Lisa.

1930. X.l.
 
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