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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Michel, Wilhelm: Die Stimme im Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0395

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INNEN-DEKO RATION

375

architekt paul laszlo —stuttgart sofawand im musikzimmer. haus w.d.j.

DIE STIMME IM RAUM

Der Mensch soll im Wohnraum leben können tigung umsetzen. Akustische Schädigungen der
— frei, ungehindert, schwungvoll, — aber Sprechstimme wirken wie auf das Auge eine
nicht nur dem Körper und dem Auge nach, son- schlechte Raumbeleuchtung oder eine wirre, sinn-
dern vor allem auch mit der Stimme und dem lose Raumeinteilung oder eine üble Form der
Gehör. Das heißt: seine Stimme soll sich beim Möbel. Das »Abhören« eines Raumes beim Spre-
Sprechen wohl fühlen; sie soll spüren, daß sie chen ist ebenso wichtig wie das Erleben des Räu-
den Raum füllt und beherrscht, daß sie sich gut mes mit dem Auge und mit dem bewegten Körper,
darin ausschwingt. Denn mit diesem Verhältnis Bringt dieses »Abhören« keine klaren, positiven
der Stimme zum Raum hangt viel Seelisches zu- Raumgefühle an das Bewußtsein heran, dann bleibt
sammen. Die Art, wie die Stimme sich aus einem der Raum für eine wichtige Seite der sinnlichen
Menschen herausarbeitet und wie sie dann zum Wahrnehmung ungelöst, unverständlich und selbst
Ohr des Sprechenden wieder zurückkommt, be- feindlich. Was daran hängt, mag man ermessen
deutet Wichtiges für das Raumerlebnis dieses an den auffälligen seelischen Veränderungen, die
Menschen: als zugleich Sprechender und Hören- sich ergeben, wenn ein Mensch nicht mehr frei mit
der erfährt er und erlebt er da den Raum mit dem Gehör in die Welt hinaus leben kann. Gutes

großer Eindringlichkeit und Bestimmtheit..... Hören scheint für die sinnlich-seelische »Orien-

Wir haben heute allen Anlaß, diese Zusam- tierung« in der Welt noch wichtiger, noch un-
menhänge ihrem Werte nach zu beachten. Wir entbehrlicher zu sein als das ungestörte Sehen. .
wissen, daß die Stimmbildung eng mit seelischen So muß der Wohnraum auch an den sprechen-
Faktoren zusammenhängt, daß sie zu Körper- den und hörenden Menschen denken. Nur da sind
gefühlen und Körperhaltungen in genauester Be- wir recht behaust, wo auch unsere Stimme und
ziehucg steht. Daraus ergibt sich, daß ungünstige unser Ohr sich völlig wohlfühlen, — eine Rück-
Einwirkungen des Raums auf das Ausleben der sieht, die jede neue Wohnkunde immer bewußter
Stimme sich in seelisch-körperliche Beeinträch- wird ins Auge fassen müssen. . . . wilhelm michel.
 
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