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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Stuart-Mährlen, Elisabeth: Die suggestive Macht der Dinge
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0473

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INNEN-DEKO RATION

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PROF. SIEGFRIED THE1SZ u. H. )A.KSCH~W1EN ZIMMER EINER BERUFSTÄTIGEN FRAU

eine bilderüberladene Bürgerwohnung betrat, ge-
riet ahnungslos in den Bann dieser einsamen Hir-
sche im nebeligen Gebirgsland, dieser tötlich
langweiligen Stilleben im barocken Goldrahmen
und dieser photographierten Onkels und Tanten.

*

Man dürfte eigentlich die »suggestive Macht
der Dinge« nicht so wild »wuchern« lassen. Man
müßte sie beherrschen, mit ihr arbeiten, nicht an-
ders als mit den Gegebenheiten der Materie, aus
der ein Haus konstruiert, ein Kleid entworfen
wird. Man müßte die geistigen Wirkungen der
Dinge wie ein Feldherr übersehen, um sie je nach
ihrer Eignung auszuwählen und in die Dispo-
sitionen einzustellen. Dazu aber müßte man ganz
anders über sie Bescheid wissen, als es heute der
Fall ist. Die Naturgesetze die wir kennen, lassen
wir für uns arbeiten. Aber wir sind noch Stümper
in der Kenntnis und Anwendung der suggestiven
Macht der Dinge. . Das spiegelt sich in den Woh-
nungs-Ausstellungen. Technik und Hygiene feiern
Triumphe. Im »geistigen Bild« der Wohnungen,

Ausnahmen bestätigen nur die Regel, herrscht
aber meist Hilflosigkeit. Alles, was über das tech-
nisch-hygienisch Begründete hinausgeht — und es
findet sich in diesen Ausstellungen trotz »Sach-
lichkeit« viel dieser Art — erweckt in den meisten
Fällen das peinliche Gefühl des durchaus »Zu-
fälligen«. . In älteren Zeiten fand künstlerischer
Instinkt meist ohne Bewußtwerden das Richtige.
Künstlerischer Instinkt ist aber heute recht selten
geworden. Nun sind wir auf das »Wiedererobern

aus der Bewußtheit heraus« angewiesen.....

*

Wir müßten uns ein »Studium der Sug-
gestionen des Materiellen« zur Aufgabe
machen. Ob das möglich ist, wird vielfach ange-
zweifelt, da hier zu viel Individuelles, zu viel
Zwangsvorstellungen, persönliche Erinnerungen,
zu viel Unkontrollierbares mitspreche. Von den
Farben sagt Hammann: Ȇber diese zu allertiefst
seelisch ursprünglichsten Zusammenhänge und
Wirkungen konnten uns bis jetzt keine wissen-
schaftlichen Untersuchungen, die oft, über das

1930. XII. 2.
 
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