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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Vockerat, Philipp: Ein Dresdener Landhaus von Bruno Paul
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0017

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INNEN-DEKOR ATI ON

3

EIN DRESDENER LANDHAUS VON BRUNO PAUL

Als die neuen Gedanken der Baukunst und Innen-
einrichtung auftauchten, schienen sie vielfach
in sonderbarem Widerspruch zu den Lebensgewohn-
heiten und -bedürfnissen gerade der Schichten zu
stehen, die durch ihre geschmackliche Kultur wie ihre
Mittel namentlich in der Lage und berufen waren, sie
aufzunehmen. Man verstand in diesen Kreisen wohl
sehr schnell die zwingende Logik der Grundsätze, die
von der jungen Architektengeneration aufgestellt
wurden: die Rückkehr zur Klarheit des Formgefüges,
das wohltuende Spiel leicht überblickbarer Linien und
Flächen, die sachliche Aufrichtigkeit in der Auswahl,
Herrichtung und Verteilung der Einzelheiten des Zim-
merentwurfs, den damit zusammenhängenden Ver-
zicht auf alle ornamental-dekorativen Entbehrlichkei-
ten, auch den ruhigen Ernst,die Herbheit, jaSprödigkeit
der ganzen Sprache von Außen- und Innenbau. Aber
man vermochte nicht recht zu erkennen, wie sich das
alles mit den noch für selbstverständlich gehaltenen
Ansprüchen an Komfort, Luxus und Rahmengebung
einer gesteigerten Lebenshaltung vertragen könnte.

Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Die
allgemeinen Lebensverhältnisse, in Deutschland wie

1934. I. ,

allenthalben, wurden einer umfassenden Revision
unterzogen: durch die soziale Um- und Neubildung,
die sich anbahnte, verloren frühere Anschauungen
der täglichen Existenz und des gesellschaftlichen Ver-
kehrs ihre Geltung. Man verstand plötzlich, daß man
sich viel zu sehr von überkommenen Vorstellungen
hatte beherrschen lassen, die keinen Inhalt mehr be-
saßen und zu leeren Hüllen geworden waren. Wozu
bedurfte man noch der »Fluchten« von Salons, durch
die das Bürgertum einst einen Abglanz fürstlicher
Schlösser und Hofhaltungen auffangen wollte ? Wozu
brauchte man noch die kleinen Schwelgereien und
Üppigkeiten, die vordem als unerläßlich galten, um
einen Eindruck von Reichtum und Vornehmheit zu
wecken ? Hinzu kam die neue geistige Einstellung der
Zeit, die durchaus gegenwärtig gestimmt war, gar
nichts mehr auf historische Zusammenhänge gab und
damit auch die Reste früherer Sentimentalität in der
Innenarchitektur abstreifte. Und siehe: plötzlich war
man mit der modernenWohnungskunst auf der ganzen
Linie einig und begriff, daß tatsächlich die Baukünst-
lerschaft instinktiv eine ganze kulturelle Entwick-
lung von eminenter Bedeutung vorausgeahnt hatte.
 
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