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HANS BUSER-BRUGG »SCHLAFZIMMER EINER DAME«
DEKORATIVE MALEREI VON NOLD1 SOLAND — ZÜRICH
WESEN UND ZWECK DES ORNAMENTS
VON PROF. ERICH KLE1NHEMPEL — BREMEN
unächst löse man sich vom hergebrachten Begriff
»Ornament«.
Bei der Übersetzung ergeben sich »Ausrüstung, Aus-
stattung, Schmuck«. Das hergebrachte »Ornament«
war teils Anwendefertiges, lose Feilgehaltenes, ge-
schäftig Numeriertes, Schablone; teils war's An-
bringsei; nicht eben schlecht, aber nur Zugabe und
konnte auch wegbleiben. Das »Stück« wurde reicher,
aber nicht besser. Und da Zugaben Stück bei Stück er-
folgten, an Schrank und Spiegelrahmen wie an Kissen
und Vorhang, an Bowle und »Leuchterkrone«, wie an
Umbau und »Plafond«, überall gleichen Schritts oder
gar im Wettlauf, war der Raum bereichert im Sinne
von Überladung, nicht aber gebessert. Ornament heißt
aber doch Ausstattung, Zierde. Nicht Gleichmachung!
Jedes ordne sich dem Ganzen ein. Nur Gewisses trete
dabei hervor. Und nur um der Gesamtheit willen!
Ornament stieg zu allen guten Zeiten aus Werk-
stoff, Werkzeugspur, Verbindung, Befestigung, Ver-
stärkung, Gliederung, aus dem Dingzweck und seiner
Handhabungsart hervor.
Wie damit das Möbelstück in seinen Einzelbestand-
teilen Maßstab und Verhältnis zeigte, damit auch
insgesamt Maßstab und Verhältnis, so gewann die
Möbelgruppe, folglich auch der Raum gutes Verhält-
nis, Maßstab, Betonung, Bedeutung, damit zugleich
Verhältnis zum und Bedeutung für den Menschen. Je
weniger dann Ornament »an sich« vertreten war, um
so besser. Alles lag offen zutage, unbemäntelt; die
Arbeit mußte da doch beste Arbeit sein; handwerk-
liches Ansehen stieg.
Kam aber »Ornament« hinzu, so nur bedachtsam,
ausgeprobt, abgewogen: Gliederung und Bauart wur-
den betont, Wichtigkeiten damit herausgestellt, Schön-
heiten des Materials hervorgehoben, Griffe, Schlösser,
Zugangsstellen, Richtungen ins Licht gesetzt, Massen
aufgeteilt, erleichtert, zu leere Stellen beschwert und
bereichert. Aber alles streng mit Maß und Ziel; auch
1934. VII. 4
HANS BUSER-BRUGG »SCHLAFZIMMER EINER DAME«
DEKORATIVE MALEREI VON NOLD1 SOLAND — ZÜRICH
WESEN UND ZWECK DES ORNAMENTS
VON PROF. ERICH KLE1NHEMPEL — BREMEN
unächst löse man sich vom hergebrachten Begriff
»Ornament«.
Bei der Übersetzung ergeben sich »Ausrüstung, Aus-
stattung, Schmuck«. Das hergebrachte »Ornament«
war teils Anwendefertiges, lose Feilgehaltenes, ge-
schäftig Numeriertes, Schablone; teils war's An-
bringsei; nicht eben schlecht, aber nur Zugabe und
konnte auch wegbleiben. Das »Stück« wurde reicher,
aber nicht besser. Und da Zugaben Stück bei Stück er-
folgten, an Schrank und Spiegelrahmen wie an Kissen
und Vorhang, an Bowle und »Leuchterkrone«, wie an
Umbau und »Plafond«, überall gleichen Schritts oder
gar im Wettlauf, war der Raum bereichert im Sinne
von Überladung, nicht aber gebessert. Ornament heißt
aber doch Ausstattung, Zierde. Nicht Gleichmachung!
Jedes ordne sich dem Ganzen ein. Nur Gewisses trete
dabei hervor. Und nur um der Gesamtheit willen!
Ornament stieg zu allen guten Zeiten aus Werk-
stoff, Werkzeugspur, Verbindung, Befestigung, Ver-
stärkung, Gliederung, aus dem Dingzweck und seiner
Handhabungsart hervor.
Wie damit das Möbelstück in seinen Einzelbestand-
teilen Maßstab und Verhältnis zeigte, damit auch
insgesamt Maßstab und Verhältnis, so gewann die
Möbelgruppe, folglich auch der Raum gutes Verhält-
nis, Maßstab, Betonung, Bedeutung, damit zugleich
Verhältnis zum und Bedeutung für den Menschen. Je
weniger dann Ornament »an sich« vertreten war, um
so besser. Alles lag offen zutage, unbemäntelt; die
Arbeit mußte da doch beste Arbeit sein; handwerk-
liches Ansehen stieg.
Kam aber »Ornament« hinzu, so nur bedachtsam,
ausgeprobt, abgewogen: Gliederung und Bauart wur-
den betont, Wichtigkeiten damit herausgestellt, Schön-
heiten des Materials hervorgehoben, Griffe, Schlösser,
Zugangsstellen, Richtungen ins Licht gesetzt, Massen
aufgeteilt, erleichtert, zu leere Stellen beschwert und
bereichert. Aber alles streng mit Maß und Ziel; auch
1934. VII. 4